Polizeihelm, Prügel: Frankreichs Regierung entlässt Mitarbeiter

Ein Standbild von Alexandre Benalle beim umstrittenen Einsatz am 1. Mai - veröffentlicht von französischen Medien.
Ein Standbild von Alexandre Benalle beim umstrittenen Einsatz am 1. Mai - veröffentlicht von französischen Medien.(c) Youtube
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Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Alexandre Benalla: Er habe als Amtsträger Gewalt angewendet und sich als Polizist ausgegeben. Eine Krise wurde zur "Staatsaffäre".

Nach Kritik von allen Seiten ist die französische Regierung auf Distanz zu einem Mitarbeiter des Präsidialamts gegangen, dem eine Prügelattacke auf Demonstranten zur Last gelegt wird. Der Élysée-Palast kündigte am Freitag an, den Sicherheitsmann Alexandre Benalla zu entlassen. Die Polizei nahm den Mitarbeiter von Präsident Emmanuel Macron in Gewahrsam.

Der Skandal war in dieser Woche mit der Veröffentlichung mehrerer Videos durch die Zeitung "Le Monde" ins Rollen gekommen. Darauf ist zu sehen, wie Benalla heftig auf Teilnehmer der Kundgebung zum 1. Mai in Paris einprügelt. Er trug dabei einen Polizeihelm, obwohl er kein Polizist ist. Nach Regierungsangaben hatte er lediglich die Erlaubnis zur "Beobachtung der Polizeioperationen".

Überwachungsaufnahmen beschafft

Die Staatsanwaltschaft wirft ihm nun unter anderem vor, als öffentlicher Amtsträger Gewalt angewendet und sich als Polizist ausgegeben zu haben. Zudem soll er sich illegalerweise Videomaterial von Überwachungskameras der Stadt Paris beschafft haben. In diesem Zusammenhang wurden drei Polizisten vorläufig suspendiert. Sie sollen Benalla die Aufnahmen zugespielt haben.

Innenminister Gerard Collomb verurteilte das Verhalten der drei Beamten am Freitag scharf. Am Donnerstag hatte er bereits eine Untersuchung durch die Polizeiaufsicht angekündigt, um festzustellen, unter welchen Umständen sich der Vorfall am 1. Mai ereignet habe. Der Senat lud Collomb für kommende Woche zu einer Anhörung vor.

Intern war die Prügelattacke in der bei Touristen beliebten Rue Mouffetard bereits am Tag nach den Demonstrationen bekannt geworden. Benalla wurde nach Angaben der Präsidentschaft für zwei Wochen ohne Bezahlung suspendiert und in die Verwaltung versetzt, statt für die Sicherheit auf Macrons Reisen zu sorgen. Die Staatsanwaltschaft wurde zunächst nicht informiert.

Wieder im Sicherheitsdienst tätig

Der Nachrichtensender BFM berichtete, Benalla sei diese Woche wieder als Sicherheitsmitarbeiter eingesetzt worden - während der Siegesparade auf den Champs Élysées zur Feier der französischen Nationalelf nach deren Sieg Frankreichs bei der Fußballweltmeisterschaft in Russland.

Nach Regierungsangaben hat ein weiterer Mann, Benallas Kollege Vincent Crase, im Dienste des Präsidenten bei den Demonstrationen am 1. Mai seine Kompetenzen überschritten. Auch er befindet sich mittlerweile in Polizeigewahrsam. Die Zusammenarbeit mit diesem Angestellten der Regierungspartei La Republique en Marche (LREM) sei beendet worden, sagte ein Regierungssprecher.

Benalla war während des Präsidentschaftswahlkampfs im vergangenen Jahr für Macrons Sicherheit zuständig und arbeitete nach dessen Wahl im Élysée-Palast. Zuvor war er kurzzeitig für den ehemaligen Präsidenten Francois Hollande tätig, wurde jedoch nach nur einer Woche suspendiert. "Er hat als mein Fahrer einen Unfall verursacht und dann versucht zu fliehen", sagte Ex-Minister Arnaud Montebourg am Donnerstag zu "Le Monde".

Macron schweigt vorerst

Macron äußerte sich in der Angelegenheit zunächst nicht. Mehrere Zeitungen und Politiker aller Lager kritisierten das Verhalten der Regierung in der Angelegenheit und das Schweigen des Präsidenten, der bei seinem Amtseintritt versprochen hatte, Moral und Transparenz in Frankreichs Politik zurückzubringen.

Im Parlament war die Rede von einer "Staatsaffäre". Macron sehe sich nun mit einer politischen Krise konfrontiert, "weil er es versäumte, ein Disziplinarproblem sofort zu lösen", kommentierte die konservative Tageszeitung "Le Figaro" am Freitag."Ohne die Veröffentlichung von 'Le Monde' wäre die Angelegenheit nicht ans Licht gekommen."

(APA/AFP)

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