Europa: Geeint gegen den Nationalismus

Nach der Eröffnung des politischen Teils begrüßten die Tiroler Schützen die anwesenden Präsidenten. Im Bild (v.l.n.r) Margit Fischer, Heinz Fischer, Frau Ki-moon, Ban Ki-moon, Hashim Thaci, Alexander Van der Bellen, Günther Platter, (hinter ihm) Aleksandar Vucic und Borut Pahor.
Nach der Eröffnung des politischen Teils begrüßten die Tiroler Schützen die anwesenden Präsidenten. Im Bild (v.l.n.r) Margit Fischer, Heinz Fischer, Frau Ki-moon, Ban Ki-moon, Hashim Thaci, Alexander Van der Bellen, Günther Platter, (hinter ihm) Aleksandar Vucic und Borut Pahor.Daniel Novotny
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Politische Gespräche in Alpbach: Die EU-Staaten sollen gemeinsam auftreten und populistischen Strömungen den Kampf ansagen. Beim Thema Klimaschutz seien sofortige Maßnahmen gefordert.

Dem aufkommenden Nationalismus in Europa Einhalt gebieten: Das zählt für die Eröffnungsredner der politischen Gespräche in Alpbach zu den wichtigsten Zielen der kommenden Jahre. Ein unsicherer Partner in den Vereinigten Staaten, der Brexit und zahlreiche populistisch regierte Mitgliedsstaaten in der Union würden die Gesellschaft zunehmend verletzbar machen, kritisierte der Präsident des Europäischen Forums Alpbach, der ehemalige EU-Kommissar Franz Fischler. Auch für Bundespräsident Alexander Van der Bellen ist nicht etwa die Migrationskrise die derzeit größte Herausforderung der EU, wie er unter großem Applaus im bis auf den letzten Platz gefüllten Herz-Kremenak-Saal bemerkte – sondern das „Wiederaufflammen von nationalistischen Kleinstaatstendenzen“. Den Brexit bezeichnete der ehemalige Grüne als „tragischen Irrtum“, zu vergleichen etwa mit dem Ausstieg aus einem Flugzeug in großer Höhe. Gebe es keine Einigung mit der EU, erfolge dieser Ausstieg zudem ohne einen Fallschirm, warnte er. Die Union selbst aber werde am Brexit nicht zerbrechen.

Wichtig sei es nun umso mehr, gemeinsam aufzutreten: Das sei nicht nur für kleine Mitgliedstaaten wie Österreich oder Malta essenziell, sondern ebenso für große Länder wie Deutschland. „Wir brauchen gemeinsame und starke europäische Antworten“, betonte auch Fischler.

Klimaschutz: "Planet an seiner Belastungsgrenze"

Ein weiteres wichtiges Thema der Politischen Gespräche in Alpbach, die bis Dienstag andauern, ist der Klimaschutz – nach dem vergangenen Hitzesommer ohnehin in aller Munde. Van der Bellen forderte einmal mehr entschiedenes Handeln. „Unsere Generation ist wahrscheinlich die letzte, in deren Händen es liegt, wirksame Maßnahmen gegen die Erderhitzung auf den Weg zu bringen. Unser Planet ist an seiner Belastungsgrenze oder hat diese, wie Forschungsberichte nahelegen, überschritten“, mahnte Van der Bellen. Er selbst war am Samstag mit dem Zug nach Tirol angereist. „Die Erde wird ohne gravierende Maßnahmen nicht von alleine in den Ausgangszustand zurückkehren. Wir müssen das Unsere dazu beitragen.“

Auch der ehemalige UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon betonte in seiner Eröffnungsrede die Notwendigkeit von Klimaschutz und Nachhaltigkeit. „Es gibt keinen Plan B, weil es keinen Planeten B gibt“, sagte der Diplomat. Für Gelächter im Publikum sorgte Ban Ki-moon aber mit einem ganz anderen Sager: Er gratulierte der – ebenfalls anwesenden – Außenministerin Karin Kneissl zu ihrer Hochzeit, bei der ja bekanntermaßen der russische Präsident Wladimir Putin zu Gast war. „Ich habe das besonders hübsche Foto gesehen“, sagte er in Anspielung auf das Bild, das in internationalen Medien um die Welt gegangen war: Kneissl macht darauf nach einem kurzen Hochzeitstanz mit Putin einen Knicks.

Vučić und Thaçi wollen Lösung

Für großen Andrang beim Alpbacher Publikum sorgte auch die Plenarveranstaltung „Neue Perspektiven zur EU-Erweiterung“ im Anschluss an die Eröffnung. Die beiden nach Tirol angereisten Präsidenten Serbiens und des Kosovo, Aleksandar Vučić und Hashim Thaçi, betonten unisono, eine Lösung in der Kosovo-Frage anzustreben – für Erweiterungskommissar Johannes Hahn ein „historischer Moment“. Vučić und Thaçi werden im Rahmen des EU-initiierten Normalisierungsdialogs am 7. September in Brüssel zusammenkommen, hieß es am gestrigen Samstag unter Berufung auf das Internetportal der EU-Außenpolitikbeauftragten Federica Mogherini. Nur mit europäischer Unterstützung, sagte Vučić, könne eine Lösung gelingen.

Hahn betonte in Alpbach, dass er eine Erweiterung der Union um die Westbalkanstaaten als unumstößlich für die Vollendung dessen hält, „was 1989 begonnen hat“. Allerdings müsse die Aufnahme weiterer Mitglieder auch den Bürgern „verkauft“ werden. Denn: wichtig sei es, Stabilität zu exportieren und nicht Instabilität zu importieren. Auch Fischler hatte zuvor – in Anspielung auf das Rechtsstaatsverfahren gegen Polen – die Frage in den Raum gestellt, wie wohl neue Mitglieder akzeptiert werden würden, wenn der EU-Rechtsrahmen schon in existierenden Mitgliedstaaten missachtet werde.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.08.2018)

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