Trumps Korea-Traum löst sich auf

Donald Trump und Kim Jong-un.
Donald Trump und Kim Jong-un.(c) REUTERS (Jonathan Ernst)
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Knapp drei Monate nach dem Treffen zwischen Trump und Nordkoreas Diktator, Kim, kehrt Ernüchterung ein. Von einer Denuklearisierung ist einstweilen nichts zu sehen.

New York. Ein paar positive Entwicklungen sind seit der Zusammenkunft zwischen Donald Trump und Kim Jong-un durchaus zu beobachten. Kurze Treffen von getrennten Familien an der Grenze zwischen Nord- und Südkorea, die Rücksendung von Leichenteilen von im Korea-Krieg gefallenen US-Soldaten und keine offenen Kriegsdrohungen mehr zwischen Washington und Pjöngjang.

Aber sonst? Von einer „kompletten Denuklearisierung der nordkoreanischen Halbinsel“, zu der sich Kim im Juni in Singapur verpflichtet hat, ist nichts zu sehen. Im Gegenteil: Die Internationale Atomenergiebehörde befand vergangene Woche, dass Nordkorea die Bemühungen immer noch vorantreibe. Von einem Reaktor in Yongbyon, in dem Plutonium hergestellt werde, und von einer geheimen Anreicherungsanlage nahe der Hauptstadt Pjöngjang ist in dem Bericht die Rede.

USA planen wieder Militärmanöver

Washington scheint die Geduld zu verlieren. Zuletzt sagte Trump eine geplante Reise des Außenministers Mike Pompeo nach Pjöngjang ab. Auch der US-Präsident beginnt, an der Ernsthaftigkeit Nordkoreas zu zweifeln. Einen neuen Termin für das Treffen zwischen Pompeo und Kim gibt es bisher noch nicht. Medienberichten zufolge habe Nordkorea Öl ins Feuer gegossen. Es adressierte einen zornigen Brief an den Außenminister, in dem es den USA vorwarf, nicht an Friedensverhandlungen interessiert zu sein.

Dass es in den Verhandlungen wieder einmal fünf vor zwölf geschlagen hat, zeigt auch die letzte Wortmeldung von Verteidigungsminister James Mattis. Die USA würden ihre gemeinsamen militärischen Übungen mit Südkorea nicht länger aussetzen, erklärte er diese Woche. Nach dem Gipfel in Singapur hatte Washington noch eine freundschaftliche Geste in Richtung Nordkorea gesendet und Manöver abgesagt. Rund 30.000 US-Soldaten sind derzeit in Südkorea stationiert.

China als Player

Das Zünglein an der Waage könnte China spielen. Kein Land hat mehr Einfluss auf das Regime in Pjöngjang; ohne den Segen Pekings wird Kim weder in die eine noch in die andere Richtung entscheidende Akzente setzen. China halte den Prozess der Denuklearisierung auf, sagte Trump, nachdem er das Treffen zwischen Pompeo und Kim hatte platzen lassen. Das Problem ist der Handelskrieg zwischen den weltgrößten Volkswirtschaften. Solange Washington und Peking keine Einigung erzielen, wird sich China davor hüten, Trump in Nordkorea zu helfen.

Im Endeffekt wiederholt sich teilweise die Geschichte. Verhandlungen mit Nordkorea gab es in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder, letztlich musste die Hoffnung auf eine atomwaffenfreie koreanische Halbinsel stets begraben werden. Wiewohl zumindest die Gefahr eines direkten Kriegs zwischen den Atomnationen nach dem Gipfel zwischen Trump und Kim gebannt zu sein scheint. Trotz der neuerlichen Feindseligkeiten sendete der US-Präsident seine „herzlichen Grüße und Respekt“ an Kim. Er freue sich auf ein weiteres Treffen.

Die Hoffnungen ruhen nun unter anderem auf einem Manager aus der Automobilbranche. Stephen Biegun ist bei Ford für internationale Beziehungen zuständig und arbeitete einst unter George W. Bush als Sicherheitsberater. Pompeo ernannte ihn zum Sondergesandten für Nordkorea. Er soll die Wogen glätten und den Außenminister bei künftigen Reisen nach Pjöngjang begleiten.

Eine Frage der Definition

Das Hauptproblem hat Biegun jedenfalls schon erkannt: „Ich glaube, wir verstehen unter Denuklearisierung etwas anderes als Kim Jong-un“, sagte er nach seiner Ernennung. Tatsächlich hat Trump stets von einem völlig atomwaffenfreien Nordkorea gesprochen, während Beobachter darauf verweisen, dass Kim bloß weitere nukleare Bemühungen bleiben lassen will. Der Diktator sieht Atomwaffen als seine Lebensversicherung. Ohne sie fürchtet er, das gleiche Schicksal zu erleiden wie Muammar al-Gaddafi, als er 2003 seine nuklearen Ambitionen aufgegeben hat und Jahre später gestürzt wurde.

Offiziell will sich Washington mit dem Status quo nicht zufriedengeben. Gelöst ist der Nordkorea-Konflikt, der die Welt seit Jahren in Atem hält, keineswegs. Einzig die gegenseitigen Beschimpfungen bleiben aus.

AUF EINEN BLICK

USA/Nordkorea. Nach dem Gipfel zwischen Donald Trump und Kim Jong-un im Juni in Singapur machte sich in Washington Hoffnung auf eine Denuklearisierung in Nordkorea breit. Nun sagte US-Außenminister Pompeo einen Pjöngjang-Besuch ab.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.08.2018)

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