Verfassungsschutz zweier deutscher Bundesländer beobachtet AfD-Jugend

Die AfD rückt erstmals in den Fokus eines Landes-Verfassungschutzes
Die AfD rückt erstmals in den Fokus eines Landes-Verfassungschutzesimago/Eibner
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Die Behörden sehen keine Vorraussetzung für eine Beobachtung der AfD als Ganzes. Deren Jugendorganisation steht in zwei deutschen Bundesländern aber bereits im Fokus.

Wie rechtsextrem ist die Alternative für Deutschland, die AfD? Nach den Vorfällen in Chemnitz wurden Stimmen laut, der Verfassungsschutz solle die Partei unter Beobachtung stellen. Das Innenministerium in Deutschland hat bekräftigt, dass die Voraussetzungen für eine Verfassungsschutz-Beobachtung der AfD derzeit nicht vorliegen. Grundlage sei die Frage, ob von Parteien Bestrebungen ausgingen, die sich gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung oder die Sicherheit des Bundes beziehungsweise eines Landes richteten, sagte ein Ministeriumssprecher am Montag.

Regierungssprecher Steffen Seibert verwies ebenfalls auf den entsprechenden Paragrafen im Bundesverfassungsschutzgesetz. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vertraue darauf, dass die Sicherheitsbehörden und Fachleute des Verfassungsschutzes in der Lage seien zu entscheiden, "wann was getan werden muss".

Mit Blick auf die Vorfälle in Chemnitz, bei denen AfD-Politiker wie der Thüringer Landeschef Björn Höcke an der Seite rechtsgerichteter Gruppen demonstrierten, sagte der Regierungssprecher: "Dass Einzelne oder auch Viele lokal anders agieren, erlaubt noch nicht die Beobachtung der gesamten Partei." Es spreche allerdings nichts dagegen, dass "Teilorganisationen der AfD gegebenenfalls beobachtet werden".

Gegen Vorfälle, bei denen nationalsozialistische Symbole oder Zeichen benutzt würden, müsse konsequent vorgegangen werden, betonte der Sprecher zugleich. "Aber das geht dann gegen die Einzelpersonen."

Zwei Bundesländer wurden aktiv

Der Verfassungsschutz des deutschen Bundesland Sachsen (in dem Chemnitz liegt) rechnet nicht mit einer baldigen Entscheidung. "Im Augenblick ist es noch viel zu früh, sich überhaupt dazu zu äußern", sagte Sprecher Martin Döring am Montag. In der Hansestadt Bremen und in Niedersachsen hat man sich schon entschieden - dort steht seit vergangener Woche erst einmal die Jugendorganisation der AfD unter Beobachtung.

Die Entscheidung sei "völlig ungeachtet und losgelöst" von den rechtsextremen Übergriffen in Chemnitz gefallen, sagte der Landesinnenminister von Niedersachsen, Boris Pistorius (SPD). Es gebe "ideologische und personelle Überschneidungen nicht unerheblicher Art" des AfD-Nachwuchses mit der Identitären Bewegung. Diese werde seit 2014 beobachtet. Pistorius forderte Innenminister Horst Seehofer (CSU) auf, seine "Zurückhaltung" gegenüber der AfD aufzugeben.

In Sachsen betont man, dass es ohnehin eine Daueraufgabe des Verfassungsschutzes sei, sich mit Anhaltspunkten für extremistische Bestrebungen auseinanderzusetzen, betonte der dortige Verfassunsschutz-Sprecher Döring. Politisch fordern vor allem SPD-Politiker, dass die AfD vom Verfassungsschutz observiert werden solle, während Unionspolitiker sich in dieser Frage skeptisch zeigten.

Der AfD-Vertreter Lohr nannte die Entscheidungen der Landesämter für Verfassungsschutz nicht nachvollziehbar. "Weder einzelne Landesverbände der JA, noch die Junge Alternative als Ganzes sind verfassungsfeindliche Organisationen, die sich gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland einsetzen", erklärte er.

Lohr machte sogar seine eigene Zukunft davon abhängig, dass der Bundeskongress die Auflösung beschließt. Andernfalls werde er zurücktreten.

Rechtsextreme Netzwerke in der AfD?

Am Wochenende haben Anhänger der rechtspopulistischen Alternative für Deutschland und der rechten "Bürgerbewegung Pro Chemnitz" gemeinsam in der sächsischen Stadt demonstriert. Kritiker werfen der AfD seit Jahren vor, sich nicht klar von rechtsextremistischen Strömungen abzugrenzen. Dies gilt insbesondere für den Thüringer AfD-Chef Björn Höcke, der am Wochenende unter den Demonstranten war.

Mit Blick auf den Verdacht, rechtsextremische Netzwerke könnten hinter den Kundgebungen mit Übergriffen auf ausländisch aussehenden Menschen stehen, sagte Döring, rein qualitativ gebe es keine neuen Erkenntnisse. Derzeit sei die Fachabteilung des Verfassungsschutzes dabei, das während der Kundgebungen gesammelte Material auszuwerten. Im Fokus seien dabei "links- und rechtsextremistische Aktivitäten". Bis die Auswertung abgeschlossen sei, könne es Tage, möglicherweise auch Wochen dauern.

(APA/AFP/Reuters/red.)

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