Die Krise am Tschadsee: Fast zwei Milliarden mehr für Region

Der Tschadsee hat heute nur mehr ein Zehntel der Wasseroberfläche, die er in den 1960er-Jahren hatte.
Der Tschadsee hat heute nur mehr ein Zehntel der Wasseroberfläche, die er in den 1960er-Jahren hatte.imago/ZUMA Press
  • Drucken

Armut, Hunger und die Islamistengruppe Boko Haram treiben 2,4 Millionen Menschen in die Flucht in die Drei-Länder-Region Tschadsee. Nun wurden Hilfsgelder noch einmal aufgestockt.

Es ist eine der größten humanitären Krisen der Welt, doch zugesagte Spenden gibt es zu wenige und sie treffen nur zögernd ein. Armut, Hunger und die Islamistengruppe Boko Haram haben in Nigeria, Niger, Kamerun und dem Tschad Millionen Menschen in die Flucht getrieben. Die Region um den Tschadsee am südlichen Rand der Sahara muss mit derzeit fast 2,4 Millionen Vertriebenen und Flüchtlingen eine der größten humanitären Krisen der Welt bewältigen. Bei einer internationalen Konferenz wurde die Hilfe für die Krisenregion nun um fast 2 Milliarden Euro aufgestockt.

Die Tschadsee-Konferenz startete am Montag in Berlin. In der Region spiele sich seit Jahren nicht nur "eines der größten humanitären Dramen unserer Zeit ab", sagte der deutsche Justizminister Heiko Maas der Funke Mediengruppe. "Die Region ist auch zum Tummelplatz für Gruppen wie Boko Haram und ISIS geworden, die auch für unsere Sicherheit in Europa eine Bedrohung sind. Wir können uns nicht erlauben, wegzuschauen, wenn die Nachbarn unserer Nachbarn destabilisiert werden." Die deutsche Bundesregierung ist Gastgeberin der Konferenz, zu der Vertreter der Anrainerstaaten und Hilfsorganisationen erwartet werden.

Die Weltgemeinschaft beschloss auf der Geberkonferenz, die Hilfe für die nordafrikanische Krisenregion um den Tschadsee um gut 1,7 Milliarden Euro aufzustocken - drei Mal so viel Geld als bei einer ähnlichen Konferenz in Oslo im Jahr 2017 zugesagt wurde. "Das ist noch einmal deutlich mehr als wir ursprünglich gehofft haben", sagte der deutsche Außenminister Heiko Maas zu dem Ergebnis. Deutschland gibt nach Angaben des Auswärtigen Amts 130 Millionen Euro zusätzlich - 100 Millionen für humanitäre Hilfe und 30 Millionen für politische Stabilisierung.

Nach Angaben von Hilfsorganisationen sind rund elf Millionen Menschen auf Hilfe angewiesen. Boko Haram kämpft im mehrheitlich muslimischen Nordosten Nigerias seit Jahren gewaltsam für die Errichtung eines islamischen Gottesstaats. Die Islamisten haben ihre Gewalttaten mittlerweile auch auf die Nachbarstaaten Tschad, Kamerun und Niger ausgeweitet, es gibt immer wieder Selbstmordattentate, Überfälle und Entführungen. Seit 2009 wurden allein in Nigeria mehr als 20.000 Menschen getötet.

Pegel des Tschadsees gesunken

Durch den Aufstand und seine militärische Bekämpfung wurden nach Angaben der UNO fast 2,4 Millionen Menschen innerhalb Nigerias oder in die Nachbarländer vertrieben: Das UNO-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) geht derzeit von mehr als 1,9 Millionen Binnenvertriebenen in Nigeria aus. Mehr als 228.000 Nigerianer flohen in die drei Nachbarländer, in denen ebenfalls mehr als 471.000 Binnenvertriebene versorgt werden müssen.

Verschärft wird die schwierige Lage der 17 Millionen Menschen in der Region, die ohnehin zu den ärmsten der Welt zählt, durch den Klimawandel: Durch geringe oder ausbleibende Niederschläge ist der Pegel des Tschadsee stark gesunken. Nach Dürren in den vergangenen zwei Jahren gilt nach Angaben der UNO die Ernährungslage von rund 4,5 Millionen Menschen als unsicher. 500.000 Kinder leiden an schwerer Unterernährung.

Schwer bewachte Konvois

Für die Helfer ist die Region um den Tschadsee aber schwer zu erreichen: Hilfsgüter müssen wegen der schlechten Sicherheitslage mit schwer bewachten Konvois in die Region gebracht werden, die Helfer sind auf kostspielige Hubschrauberflüge angewiesen.

Bei einer Geberkonferenz in Oslo im vergangenen Jahr hatten 14 Länder Hilfszahlungen in Höhe von insgesamt 672 Millionen Dollar (579 Millionen Dollar) zugesagt, waren damit aber weit unter den angepeilten 1,5 Milliarden Dollar geblieben. Nach Angaben von Hilfsorganisationen ist von der zugesagten Summe bisher nur die Hälfte ausgezahlt worden. Den aktuellen Bedarf schätzt die UNO auf 1,6 Milliarden Dollar. Bisher sind nur 37 Prozent davon gedeckt.

(APA/AFP)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Deutschlands Außenminister Heiko Maas beklagt die Lage in der Region um den Tschadsee
Außenpolitik

Deutschland beklagt vor Tschadsee-Konferenz "humanitäres Drama"

Die Region um den Tschadsee sei zum Tummelplatz für Gruppen wie Boko Haram und ISIS geworden, sagt der deutsche Außenminister Heiko Maas: "Wir können uns nicht erlauben, wegzuschauen."

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.