Ein Spektakel im Senat ist garantiert, wenn Brett Kavanaugh und die Professorin, die ihn der Nötigung beschuldigt, aussagen.
New York. Die Nominierung von Brett Kavanaugh zum Höchstrichter war eine der umstrittensten der jüngeren US-Geschichte. Als Donald Trump im Juli seine Entscheidung verkündete, wusste er, dass der Widerstand groß sein würde. „Ich fordere den Senat auf, die Position so schnell wie möglich zu bestätigen“, sagte der Präsident. Gut zwei Monate später ist unklar, ob der konservative Jurist seinen Job wird antreten können. Der Vorwurf der sexuellen Belästigung steht im Raum. Mit Spannung wartet die Nation nun auf eine entsprechende Anhörung im Senat.
Noch werden die Details der Befragung in der Kammer verhandelt. Zunächst hätten Christine Blasey Ford und Kavanaugh am Montag öffentlich vor dem Rechtsausschuss aussagen sollen. Dann forderte die Professorin, die dem Richter vorwirft, sie als Teenager sexuell genötigt zu haben, eine Untersuchung durch das FBI. Schließlich zeigte sie doch Bereitschaft, sich den Fragen der Senatoren zu stellen, allerdings erst ein paar Tage später und unter Bedingungen. So verwies sie etwa darauf, dass alle elf republikanischen Mitglieder des Ausschusses Männer sind, und forderte die Teilnahme einer unabhängigen Juristin.
Die Bestellung Kavanaughs ist längst zu einem Drama verkommen, das dem Drehbuch eines Hollywood-Films um nichts nachsteht. Der Präsident hält felsenfest zu Kavanaugh, der alle Vorwürfe bestreitet. Viele Konservative orten eine Kampagne gegen den Richter, der als Mitglied des Supreme Courts die gesellschaftspolitische Entwicklung der USA entscheidend mitgestalten kann. Sie verweisen darauf, dass der angebliche Vorfall mehr als 35 Jahre zurückliegt und sich Ford weder an den Ort des Geschehens noch an den exakten Zeitpunkt erinnern kann. Sie fragen, warum die Professorin ausgerechnet jetzt damit an die Öffentlichkeit geht.
Auslöser war eine Paartherapie
Dennoch betonen die Demokraten und auch ein Großteil der Republikaner, dass grundsätzlich jede derartige Anschuldigung ernst zu nehmen ist. Demnach habe Kavanaugh Ford bei einer Party auf ein Bett geworfen, ihr den Mund zugehalten und versucht, ihr die Kleider vom Leib zu reißen. Bei einer Paartherapie mit ihrem Ehemann im Jahr 2012 erzählte sie erstmals davon, das bestätigen die Aufzeichnungen des Therapeuten. Allerdings waren der Mitschrift zufolge vier Männer im Zimmer, und nicht zwei – ein Fehler des Therapeuten, sagt Ford.
Offiziell soll Kavanaugh noch immer vor dem 1. Oktober bestätigt werden. Dann beginnt die neue Amtsperiode des Supreme Courts, die Republikaner wollen das neunköpfige Gremium komplett arbeitsfähig sehen. Selbst eine geringfügige Verzögerung wäre für die Konservativen noch kein Beinbruch. Das Höchstgericht kann wichtige Entscheidungen, für die sich keine Mehrheit finden lässt, vertagen, bis der neunte Richter dazustößt.
Allerdings könnte sich das Blatt wenden, wenn die Vorwürfe gegen Kavanaugh zu einer Verzögerung bis nach den Wahlen im November führen. Aktuell halten die Republikaner eine Mehrheit von 51 zu 49 im Senat. Falls sich die Machtverhältnisse ändern, könnten die Demokraten Kavanaugh blockieren. Sie haben noch eine Rechnung offen: 2016 verhinderten die Konservativen im Senat den von Barack Obama nominierten Merrick Garland.
Das Drama um Kavanaugh ist nicht das Einzige, was dem Weißen Haus Kopfschmerzen bereitet. Die Untersuchungen von Robert Mueller rund um die Rolle Russlands vor der Wahl 2016 steuern offenbar in die Endphase. Ob Mueller stichfeste Beweise gegen Trump auf den Tisch legen wird, könnte sich noch vor dem Jahresende zeigen. Trump sieht sich als Opfer einer Hexenjagd.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.09.2018)