Freie Wähler: Fleisch vom Fleisch der CSU

r 47-jährige Chef der Freien Wähler (FW) beherrscht die freie Rede wie einst Franz Josef Strauß, und der Agraringenieur und Nebenerwerbslandwirt schreckt im breiten Dialekt seiner niederbayerischen Heimat auch nicht vor derben Witzen zurück.
r 47-jährige Chef der Freien Wähler (FW) beherrscht die freie Rede wie einst Franz Josef Strauß, und der Agraringenieur und Nebenerwerbslandwirt schreckt im breiten Dialekt seiner niederbayerischen Heimat auch nicht vor derben Witzen zurück.(c) REUTERS (MICHAEL DALDER)
  • Drucken

Hubert Aiwanger könnte die Partei erstmals in die bayerische Landesregierung führen - und Vize-Regierungschef werden.

Wien/München. Im randvoll gefüllten Holzstadel am Gillamoos, dem Volksfest in Abensberg, ist Hubert Aiwanger der Applaus seiner Anhänger sicher. Der 47-jährige Chef der Freien Wähler (FW) beherrscht die freie Rede wie einst Franz Josef Strauß, und der Agraringenieur und Nebenerwerbslandwirt schreckt im breiten Dialekt seiner niederbayerischen Heimat auch nicht vor derben Witzen zurück. Er poltert und feixt, ein Populist, der sein Publikum in den ländlichen Regionen im Griff hat. Bei einer Kundgebung auf dem Marienplatz in München freilich wirkt er, als wäre er ein wenig fehl am Platz.

Aiwanger ist eine One-Man-Show als Spitzenkandidat, Partei- und Fraktionschef. Obendrein sitzt er auch noch im Stadtrat von Rottenburg an der Laaber und im Kreisrat in Landshut. Dabei war die Partei alles andere als glücklich, als er sich 2006 in einer Kampfabstimmung durchgesetzt hat. Vor zehn Jahren schaffte er mit seinen Freien Wählern erstmals den Einzug ins Maximilianeum, den bayerischen Landtag. Dies kostete die CSU damals die absolute Mehrheit.

Diesmal errang er mit den Freien Wählern ersten Hochrechnungen zufolge 11,5 Prozent. Das ist so gut wie nie und könnte auch reichen, um den Christsozialen in einer Zweierkoalition den Machterhalt zu sichern. Die Freien Wähler wären Wunschpartner für eine Koalition – zumal sie der CSU viel näher sind als die Grünen. Und zu Dritt mit der FDP? Die Liberalen mussten um den Einzug in den Landtag bangen.

„Gesunder Menschenverstand“

Für die CSU sind die Freien Wähler Fleisch vom eigenen Fleisch, von ihr hämisch als „Freibierpartei“ punziert. Ihre Mitglieder rekrutieren sich gern aus CSU-Abtrünnigen, oftmals auch Querulanten, die sich gegen die Allmacht der Christsozialen stemmen. „Wir sind nicht links, wir sind nicht rechts“, lautet das Credo Aiwangers, der sich als konservativer Pragmatiker versteht: restriktiv in der Flüchtlingspolitik, gegen eine dritte Startbahn auf dem Münchner Flughafen und für Brauchtum. Im Wahlkampf plakatierte die FW landauf, landab, sie sei die Partei des „gesunden Menschenverstands“. (vier)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.10.2018)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Katharina Schulze, Spitzenkandidatin der Grünen, kann sich freuen: Ihre Partei erreichte in Bayern den zweiten Platz.
Außenpolitik

Die Grünen: Der Traum vom Regieren rückt näher

Die Grünen gaben sich bürgerlich und positiv: So katapultierten sie sich auf Rang Zwei und kämen auch für eine Koalition mit der CSU in Frage.
Die SPD schrumpfte in den ersten Hochrechnungen von 20,6 Prozent auf zehn Prozent, das historisch schlechteste Ergebnis in Bayern.
Außenpolitik

Weiß-blauer Albtraum für die Genossen

Endlich schwächelt die CSU. So wie es sich die SPD gewünscht hat. Doch es nützt nichts. Stattdessen fährt die Bayern-SPD ihr historisch schlechtestes Ergebnis ein. Die Krise der Sozialdemokratie setzt sich fort.
 Die Alternative für Deutschland (AfD) zieht laut erster Hochrechnung mit elf Prozent in den Landtag ein – und erklimmt aus dem Stand Platz vier, noch vor der SPD.
Außenpolitik

AfD: Das Schreckgespenst der CSU

Die Rechtspopulisten kommen aus dem Stand auf elf Prozent. Einen Spitzenkandidaten hatten sie nicht. Aber das Flüchtlingsthema.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.