Parteifamilien: Bleibt Orbán in der EVP?

Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán.
Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán.(c) REUTERS (BERNADETT SZABO)
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Ungarns Regierungschef wird offen von rechten Gruppen umworben. Die Europäische Volkspartei zögert mit Ausschluss.

Wien. Ist der Abschied der ungarischen Fidesz aus der Europäischen Volkspartei (EVP) nur noch eine Frage der Zeit? Parteichef und Ministerpräsident Viktor Orbán, der zuletzt die Nähe von rechtsnationalen Parteien wie der Lega oder der FPÖ gesucht hat, wird jedenfalls immer öfter eingeladen, sich einem neuen Rechtsbündnis anzuschließen. Diese Einladung hatte bereits FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache nach dem Beschluss des Europaparlaments, ein Rechtsstaatsverfahren gegen die ungarische Regierung einzuleiten, ausgesprochen. Am Montag folgte der niederländische Rechtspopulist Geert Wilders. Es wäre „fantastisch“, mit Orbán zusammenzuarbeiten, sagte er in einem Interview mit der Zeitung „Magyar Idök“.

Andererseits geht auch innerhalb der EVP die Diskussion weiter. Am Mittwoch werden die EVP-Parteichefs in Brüssel zusammentreffen. Offiziell steht das Thema zwar nicht auf der Tagesordnung, aber es wird seit Tagen kontrovers diskutiert. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker betonte, dass für Orbán „kein Platz mehr“ in der EVP sei. Er halte seine Positionen mit christdemokratischen Werten für unvereinbar.

Juncker wies allerdings drauf hin, dass Orbán noch Gelegenheit haben sollte, seine Position zu ändern. Zu den schärfsten Kritikern des Ungarn in der EVP zählt der ehemalige finnische Premier Alexander Stubb, der als Spitzenkandidat in die Europawahlen gehen möchte. ÖVP-Chef Bundeskanzler Sebastian Kurz hat sich hingegen in einem Interview mit der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ gegen einen Ausschluss des Fidesz aus der EVP ausgesprochen.

Leichtfried kritisiert Karas

Die zögerliche Haltung in EVP-Kreisen sorgt nicht zum ersten Mal für Kritik von außen. SPÖ-Europasprecher Jörg Leichtfried attackierte den Delegationsleiter der ÖVP im Europaparlament, Othmar Karas, der im September für das Artikel-7-Verfahren gegen Budapest gestimmt hatte.

„Die ÖVP gibt sich in Hinblick auf die Europawahlen proeuropäisch, macht aber weiterhin dem unsozialen Antieuropäer Orbán die Mauer. Orbán hat mit seiner Politik den sozialen Zusammenhalt in Ungarn zerstört. Und er handelt klar antieuropäisch.“ Karas hat sich noch nie für einen Ausschluss ausgesprochen. Er trat allerdings dafür ein, dass alle europäischen Parteifamilien ein internes Verfahren entwickeln müssten, wie mit Parteien wie dem Fidesz umzugehen ist. (wb)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.10.2018)

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