Erste Sanktionen im Fall Jamal Khashoggi

Der saudische Kronprinz, Mohammed bin Salman, lässt sich bei der Investorenkonferenz in Riad feiern.
Der saudische Kronprinz, Mohammed bin Salman, lässt sich bei der Investorenkonferenz in Riad feiern.(c) REUTERS (STEPHEN KALIN)
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Die USA belegen 21 Saudis mit Einreisesperren. CIA-Chefin wegen Mordfalls in der Türkei. Kronprinz äußerst sich erstmals öffentlich.

Riad/Istanbul/Washington. Alle Augen sind auf Gina Haspel gerichtet. Je nachdem, was die CIA-Chefin an Informationen ins Weiße Haus bringen wird, davon soll auch das weitere Vorgehen von Donald Trump abhängen. Partout schickte der US-Präsident die seit dem Frühjahr amtierende Haspel nach Ankara, wo sie zwischenzeitlich in Sitzungen mit dem türkischen Geheimdienst bereits jene Video- und Tonbandaufnahmen vorgelegt bekommen haben soll, die offenbar den Mord an dem saudischen Regimekritiker Jamal Khashoggi belegen. Für die Agentenveteranin dürfte der Besuch in Ankara ein Heimspiel sein: Hier wirkte sie verschiedenen Medienberichten zufolge Anfang der 2000er-Jahre, sie spricht auch Türkisch.

Mit welcher Analyse Haspel nun auch zurückkehren mag – den Fall Khashoggi wird Trump wohl nicht so schnell los. Seine bisherigen Aussagen waren ambivalent: Im Saudi-Konsulat in Istanbul sei zwar Schreckliches passiert; die Verantwortlichen müssten zur Rechenschaft gezogen werden, und auch das saudische Krisenmanagement sei eine komplette Katastrophe gewesen – er sprach von „einer der schlimmsten Vertuschungen überhaupt“. Aber von einem Stopp des Waffenhandels mit Riad will Trump nichts wissen, zumal die Saudis viel in den USA investiert und Jobs geschaffen hätten.

Erste Sanktionen hat Washington jedenfalls schon verhängt. Die Regierung hat über 21 saudische Bürger Einreisesperren verhängt und ihnen etwaige bestehende Aufenthaltsgenehmigungen entzogen. Während sich Außenminister Mike Pompeo weitere Schritte vorbehält und Trump in der Causa Khashoggi den Kongress befragen will, zog London nach und belegte ebenfalls mehrere saudische Bürger mit Einreiseverboten.

Kronprinz spricht von „Verbrechen“

Khashoggi betrat am 2. Oktober das saudische Konsulat in Istanbul und ist seither verschollen. Nach mehreren obskuren Erklärungsversuchen räumte Riad schließlich ein, dass der 59-Jährige umgekommen sei; von seinen sterblichen Überresten fehlt jedoch jede Spur. Ankara macht den Kronprinzen, Mohammed bin Salman (MbS) für den Mord verantwortlich. Direkt sagte das der türkische Präsident, Recep Tayyip Erdoğan, zwar nicht, aber seine hochrangigen Berater sprachen am Mittwoch davon, dass MbS „Blut an den Händen“ habe. Auch Trump rang sich zuletzt zu der Bemerkung durch, dass der Kronprinz auf irgendeine Art und Weise Verantwortung trage. Die Beziehungen zwischen der Türkei und Saudiarabien sind angespannt, nicht zuletzt deswegen verfolgen regierungsnahe türkische Zeiten den Fall ganz genau. Als dritte Regionalmacht hat sich nun auch der Iran in die Causa eingeschaltet: Ein derartiger Mord der Saudis sei ohne den Schutz der USA kaum möglich, sagte Präsident Hassan Rohani. Teheran und Riad liefern sich äußerst blutige Stellvertreterkriege in Syrien und im Jemen.

Der schwer in Bedrängnis geratene Kronprinz versucht indessen zu retten, was zu retten ist. Er verurteilte gestern das „abscheuliche Verbrechen“ und versprach, den Fall aufzuklären: „Die Gerechtigkeit wird siegen.“ Es waren die ersten öffentlichen Äußerungen des Thronfolgers seit Khashoggis Tod. Davor hatte er die Investorenkonferenz in Riad eröffnet – ein Prestigeprojekt des Königreichs – und wurde mit tosendem Applaus empfangen. Viele Firmen und Politiker hatten ihre Teilnahme bei der als „Wüsten-Davos“ bekannten Konferenz abgesagt.

Kontroverse um Abdullah-Zentrum

In Österreich unterhält Riad gemeinsam mit Wien und Madrid das interreligiöse König-Abdullah-Zentrum. Opposition und Kritiker des Kronprinzen fordern nun die Schließung des Hauses, Außenministerin Karin Kneissl winkte jedoch ab: Im Alleingang könne man keine Schließung einer internationalen Organisation herbeiführen. Sie habe jedoch nicht nur mit dem Generalsekretär des Zentrums gesprochen, sondern auch den saudischen Botschafter ins Außenamt zitiert, so Kneissl in der „ZiB2“. (ag./duö)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.10.2018)

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