Kongress, Senat, Repräsentantenhaus? Wir erklären, was es mit den "Midterm-Elections" auf sich hat. Zwei Jahre nach Trumps Wahl zum US-Präsidenten steht für ihn viel auf dem Spiel.
Die Stimmung in den USA ist aufgeheizt. Denn am 6. November finden die Kongresswahlen, auch Midterm-Elections genannt, statt. Seit Wochen tourte US-Präsident Donald Trump durch die USA, um seine Wählerschaft zu mobilisieren, er spielt das Thema Migration auf und ab, kündigt an, bis zu 15.000 Soldaten an die Grenze zu entsenden.
Es steht für ihn viel auf dem Spiel. Warum? Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Was wird bei den Midterm-Elections überhaupt gewählt?
Zur Wahl stehen am 6. November die Vertreter des Kongresses. Der Kongress ist das oberste Gesetzgebungsorgan der Vereinigten Staaten. Er besteht aus zwei Kammern, dem Repräsentantenhaus und dem Senat. Alle zwei Jahre stimmen die US-Bürger über das gesamte Repräsentantenhaus ab, im Senat wird hingegen nur über ein Drittel der Senatoren abgestimmt.
Im Repräsentantenhaus, der eigentlichen Volksvertretung, sind die Staaten entsprechend ihrer Bevölkerungszahl unterschiedlich vertreten, wobei jeder Staat mindestens einen der 435 Abgeordneten entsendet: Während Alaska einen Mandatar hat, kommt das bevölkerungsreichste Kalifornien auf 53.
Im Senat ist jeder der 50 Staaten unabhängig von Größe und Bevölkerungszahl mit je zwei Mitgliedern vertreten. Die Senatoren stehen allerdings nur alle sechs Jahre zur Wahl. Daher wird bei den Halbzeitwahlen immer nur ein Drittel der 100 Senatoren gewählt. Die sechsjährige Amtszeit gibt den Senatoren zusätzliches politisches Gewicht und Unabhängigkeit und dem Senat eine gewisse Kontinuität.
Außerdem finden am 6. November in 36 der 50 US-Bundesstaaten Gouverneurswahlen, also Abstimmungen über die Landeschefs, statt.
Warum sind die Kongresswahlen so wichtig?
Laut Verfassung ist der Kongress mit seinen beiden Kammern, dem Repräsentantenhaus und dem Senat, der Gegenspieler der Regierung - und damit des Präsidenten: Damit ein Gesetz in Kraft treten kann, müssen Repräsentantenhaus und Senat zustimmen. Zwar kann dem Staatschef in strittigen Gesetzesfragen zuweilen auch von Vertretern der eigenen Parteien Gegenwind entgegen wehen. Doch wirklich problematisch wird es für den Präsidenten, wenn die Opposition bei den Halbzeitwahlen die Mehrheit erlangt.
Und das ist schon fast ein ehernes Gesetz in der US-Politik: Die Wähler setzen ihrem Präsidenten regelmäßig zwei Jahre nach seiner Bestellung eine starke Gegenstimme in den Kongress. Der Inbegriff des Midterm-Desasters ist die erste Zwischenwahl von Bill Clinton. Der im Jahr 1992 als jugendlicher Hoffnungsträger gewählte und mit einer Mehrheit in beiden Kongresskammern ausgestattete Südstaaten-Demokrat schlug schon 1994 ganz hart auf dem politischen Boden auf. Die Demokraten verloren acht Senatoren und 54 Abgeordnete an die oppositionellen Republikaner, die damit zum ersten Mal seit 1952 das Repräsentantenhaus eroberten.
Im schlimmsten Fall hat der Präsident es in beiden Kammern mit einer oppositionellen Mehrheit zu tun. Im Politjargon wird der Präsident dann zur "lame duck", zur "lahmen Ente". In diesem Fall kann der Präsident nur noch negativ auf den Gesetzgebungsprozess einwirken - also mit einem Veto Gesetzesbeschlüsse blockieren. So erging es Barack Obama in seinen letzten beiden Jahren im Amt. Er wurde zur "lahmen Ente" und verlegte sich auf die umstrittene Strategie, den Kongress mittels Dekreten zu umgehen.
Besonders mächtig ist der Senat: Ohne dessen Zustimmung kann der Präsident keine internationalen Verträge ratifizieren und keine hohe Richter und Regierungsbeamte einsetzen. Außerdem kann das illustre Gremium auch über die Absetzung des Präsidenten entscheiden.
Wie läuft es für Trump?
Zwei Jahre nach seinem Überraschungssieg musste sich US-Präsident Donald Trump nun seinem ersten Wahltest stellen. Und wie bei seinen Vorgängern gab es auch bei ihm einen leichten "Anti-Regierungseffekt" - allerdings nur im Repräsentantenhaus.
Die Ausgangslage für die Demokraten im Senat war unvorteilhaft wie nie zuvor. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Partei den Senat erobert, war gering. Denn die Demokraten mussten 24 Senatssitze verteidigen (so viele amtierende Senatoren der Demokraten stehen zur Wiederwahl), die Republikaner nur acht, dazu kommen zwei Sitze von Unabhängigen. Somit sind 43 Republikaner weiterhin fix im Senat, während die Demokraten nur mit 24 sicher weiterhin vertretenen Senatoren in den Wahltag starten.
Im Repräsentantenhaus hatten vor der Wahl die Republikaner eine Mehrheit von 236 zu 191 Sitzen. Hier war es für die Demokraten "einfacher", eine Mehrheit zu erringen, da auch alle Sitze zur Wahl standen. Weil die beiden Parlamentskammern im Gesetzgebungsprozess gleichberechtigt sind, reicht den Demokraten schon die Kontrolle des Repräsentantenhauses, um die republikanische Politik zu blockieren.
Was gibt den Ausschlag?
Entscheidend ist die Wahlbeteiligung: Üblicherweise geben nur vier von zehn US-Bürgern bei den Zwischenwahlen ihre Stimme ab. Das war in der Vergangenheit stets ein Vorteil für die Oppositionspartei. Diesmal bewegte sich die Beteiligung in Richtung des Niveaus von Präsidentenwahlen (rund 50 Prozent).
Die demokratische Wählerbasis gilt als besonders engagiert, schließlich hatte sich schon unmittelbar nach dem Wahlschock 2016 ihren Blick in Richtung "2018" gerichtet, um Trump bei der Zwischenwahl parlamentarisch die Flügel zu stutzen. Nicht umsonst war der Präsident bei seinen Wahlkampfauftritten bemüht, ordentlich Stimmung gegen die "Partei der Straftaten", wie er sie nennt, zu machen. Selbst Vorfälle wie der Synagogen-Anschlag in Pittsbourgh und die Briefbomben-Serie hindern ihn nicht daran, seine Anhänger weiter aufzustacheln.
Was steht für Donald Trump auf dem Spiel?
Tatsächlich stand für Trump viel auf dem Spiel. Da die Demokraten die Kontrolle über den Kongress zurück erlangen, muss der rechtspopulistische Präsident deutliche Abstriche bei seiner politischen Agenda machen. "Die Demokraten sind darauf aus und entschlossen, Trump daran zu hindern, auch nur irgendetwas zustande zu bringen", sagte der frühere Chefstratege des Präsidenten, Steve Bannon.
Durch die demokratische Mehrheit im Repräsentantenhaus ist die Hoffnung auf eine Abschaffung der verhassten Gesundheitsreform "Obamacare" endgültig dahin. Trump muss wohl auch sein Prestigeprojekt, eine Mauer an der mexikanischen Grenze zu errichten, fallen lassen. Über allem schwebt das Damoklesschwert eines Amtsenthebungsverfahrens in der Russland-Affäre, das vom Repräsentantenhaus eingeleitet werden könnte. Eine peinliche und langwierige Gerichtsverhandlung im Senat wäre die Folge. Abgesetzt werden dürfte Trump kaum, kann er doch nur mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit im Senat aus dem Amt entfernt werden - und dort könnten die Republikaner ihre Mehrheit sogar ein wenig ausbauen.
(APA/red.)