Ultrarechter Bolsonaro laut Umfragen Favorit bei Brasilien-Wahl

Ultrarechter Populist Bolsonaro greift in Brasilien nach der Macht
Ultrarechter Populist Bolsonaro greift in Brasilien nach der MachtAPA/AFP/MAURO PIMENTEL
  • Drucken

Der ultrarechte Populist Jair Bolsonaro gilt bei der heutigen Präsidenten-Stichwahl in Brasilien als Favorit. Er sorgt immer wieder mit rassistischen, frauenfeindlichen und homophoben Äußerungen für Empörung.

In Brasilien greift der ultrarechte Populist Jair Bolsonaro nach der Macht. Der 63-jährige Kandidat der "Sozial-Liberalen Partei" (PSL) ging am Sonntag als klarer Favorit in die Stichwahl um die Präsidentschaft im größten Land Lateinamerikas. Die Umfragen vom Samstag sahen ihn mit 54 und 55 Prozent in Führung vor seinem Kontrahenten Fernando Haddad von der Arbeiterpartei (PT).

Nach einem von Gewalt und Beschimpfungen geprägten Wahlkampf waren rund 147 Millionen Wähler aufgerufen, ein neues Staatsoberhaupt für Lateinamerikas größtes und bevölkerungsreichstes Land zu bestimmen. Die Wahllokale schließen um 23.00 Uhr (MEZ), mit ersten Ergebnissen wurde um 24.00 Uhr (MEZ) gerechnet.

Haddads Rückstand gegenüber Bolsonaro von 18 Prozentpunkten vor zwei Wochen verkleinerte sich zuletzt auf acht bis zehn Prozentpunkte. Die meisten politischen Beobachter rechneten dennoch mit einem Sieg Bolsonaras, einige verwiesen allerdings darauf, dass es in Brasiliens Wahlgeschichte auch früher schon Überraschungen gegeben habe. Viele Wähler waren bis zuletzt unentschlossen.

Der ehemalige Richter am Obersten Gerichtshof, Joaquim Barbosa, stellte sich buchstäblich in letzter Minute hinter Haddad. Der landesweit geachtete erste schwarze Richter am höchsten Gericht schrieb am Samstag im Kurzbotschaftendienst Twitter: "Zum ersten Mal in 32 Jahren, in denen ich mein Wahlrecht ausübe, macht mir ein Kandidat Angst. Deshalb werde ich für Fernando Haddad stimmen."

Aber der Drittplatzierte in der ersten Wahlrunde am 7. Oktober, Ciro Gomes von der Demokratischen Arbeitspartei (PDT), lehnte es ab, eine Wahlempfehlung zugunsten von Haddad abzugeben. Dieser war im ersten Durchgang auf 29 Prozent der Stimmen gekommen, Bolsonaro auf 46 Prozent.

Äußerst schwierige Lage in Brasilien

Brasilien steckt in einer schweren Krise. Zahlreiche Bestechungsskandale haben die politische Klasse des Landes erschüttert. Nach einer schweren Rezession erholt sich die Wirtschaft nur langsam, zugleich grassieren Kriminalität und Gewalt.

Bolsanaro, der die Militärdiktatur von 1964 bis 1985 bewundert und verherrlicht, empfiehlt sich als "Saubermann". Der ehemalige Fallschirmjäger und Hauptmann der Reserve wird häufig als "Donald Trump Brasiliens" bezeichnet. Er sorgt immer wieder mit rassistischen, frauenfeindlichen und homophoben Äußerungen für Empörung.

Den "guten Brasilianern" will Bolsanaro das Tragen von Waffen erlauben, damit sie sich gegen die Kriminellen verteidigen können. Seine künftige Regierung soll zu einem Drittel aus Generälen bestehen.

Der Katholik hält die traditionellen Familienwerte hoch und wird von den mächtigen evangelikalen Kirchen in Brasilien unterstützt. Zuletzt gab sich der langjährige Abgeordnete konzilianter und versprach, dass er als Präsident Verfassung und Gesetze einhalten wolle.

Der 55-jährige Haddad, ehemaliger Bürgermeister von São (Sao) Paulo, trat als Ersatzkandidat der Arbeiterpartei für den wegen Korruption inhaftierten ehemaligen Staatschef Luiz Inácio Lula da Silva an. Dieser hatte ursprünglich als aussichtsreichster Präsidentschaftskandidat gegolten. Haddad warnte während des Wahlkampfs vor dem mit Bolsonaro drohenden "Faschismus".

Er warf dem Lager seines Gegenspielers vor, während des Wahlkampfs unter anderem über WhatsApp massiv Falschinformationen zulasten der Arbeiterpartei und zugunsten Bolsonaros verbreitet zu haben. Die Mission der lateinamerikanischen Wahlbeobachter erklärte, die Verbreitung falscher Informationen habe ein "nie gesehenes Ausmaß" angenommen.

Der Sieger der Stichwahl tritt am 1. Jänner die Nachfolge von Michel Temer von der rechtskonservativen Partei der demokratischen Bewegung (PMDB) an. Temer gilt wegen seiner Verwicklung in Intrigen und Korruptionsaffären als unpopulärster Staatschef der modernen brasilianischen Demokratie.

(APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.