UN-Migrationspakt: Das sind die 17 Punkte, die Österreich ablehnt

Österreichs Votumserklärung im Wortlaut.

Die Bundesregierung beschließt am Mittwoch im Ministerrat den Rückzug vom UNO-Migrationspakt. In einer Votumserklärung an die Vereinten Nationen begründet Österreich seinen Schritt und listet insbesondere 17 Punkte auf, die zur Ablehnung des Abkommens führten. Nachfolgend eine Dokumentation der Erklärung:

Österreichische Votumserklärung

Die Republik Österreich ist ein Rechtsstaat mit einer funktionierenden Gerichtsbarkeit. Alle gerichtlichen und verwaltungsrechtlichen Entscheidungen der Republik erfolgen unter Einhaltung der in innerstaatlichen Gesetzen und völkerrechtlichen Verträgen festgehaltenen Menschenrechte. Die Republik entscheidet souverän über die Zulassung von Migration nach Österreich. Ein Menschenrecht auf Migration ist der österreichischen Rechtsordnung fremd. Die Schaffung der nicht existenten völkerrechtlichen Kategorie des "Migranten" ist zurückzuweisen.

Österreich unterscheidet klar zwischen legaler und illegaler Migration. Eine Verwässerung dieser Unterscheidung, wie sie der Globale Pakt für sichere, geregelte und planmäßige Migration (VN-Migrationspakt) vornimmt, wird abgelehnt.

Die Zulassung zum österreichischen Arbeitsmarkt und die Gewährung von Sozial- und Gesundheitsleistungen dürfen in Österreich nur aufgrund nationaler gesetzlicher Vorschriften gewährt werden. Der VN-Migrationspakt darf in diese gesetzlichen Vorschriften keinesfalls eingreifen, jegliche in diese Richtung zielende Absichten werden strikt zurückgewiesen. Das gilt auch für die Schaffung neuer Ansprüche und Rechte für Migranten im Wege des VN-Migrationspaktes. Insbesondere lehnt Österreich folgende Punkte des VN-Migrationspaktes ab, soweit sie über die geltende österreichische Rechtslage hinausgehen:

  • Erleichterung des Statuswechsels regulärer-irregulärer Migrant

  • Familienzusammenführung soll erleichtert werden

  • Verbesserte Inklusion in den Arbeitsmarkt

  • Schaffung einer Übertragung von Ansprüchen in die Sozialversicherung

  • Zurverfügungstellung einer Grundversorgung

  • Zurverfügungstellung von Schulressourcen

  • Zugang zu höherer Bildung

  • Anerkennung von formal nicht erworbenen Qualifikationen

  • Erleichterung von Unternehmensgründungen

  • Zugang zum Gesundheitssystem

  • Ansiedlungsoptionen für Klimaflüchtlinge
  • Übernahme von Best-practices in der Integration
  • Verfolgung von Hassverbrechen
  • Aufklärung über rechtliche Verfolgungsmöglichkeiten zugunsten der Opfer von Hassverbrechen (Anzeigen, Schadenersatz)
  • Verhinderung von Täterprofilerstellungen aufgrund der Rasse, Ethnie oder Religion
  • Motivierung zur Aufdeckung von Intoleranz
  • Verhinderung von Internierungen und das Verbot von Sammelabschiebungen

Österreich verwehrt sich dagegen, dass der VN-Migrationspakt ein Österreich bindendes Völkergewohnheitsrecht begründet oder im Wege von soft law in irgendeiner Weise rechtliche Wirkung für Österreich entfalten könnte. Die Heranziehung des Paktes zur Konkretisierung von Rechtsvorschriften durch nationale oder internationale Gerichte wird abgelehnt. Auch kann dieser Pakt keine Kompetenzverschiebungen innerhalb der Europäischen Union bewirken.

Die Republik Österreich, vertreten durch die österreichische Bundesregierung nimmt daher den VN-Migrationspakt nicht an, hat dies schriftlich gegenüber den Vereinten Nationen erklärt und bringt diesen österreichischen "Nicht-Beitritt" durch ihre Stimmenthaltung zum Ausdruck. Dazu hält sie fest:

  • Österreich erklärt ausdrücklich den VN-Migrationspakt als völkerrechtlich nicht verbindlich.
  • Der VN-Migrationspakt soll weder für Rechtsüberzeugung noch für Staatenpraxis zur Entstehung von Völkergewohnheitsrecht, noch zur Ableitung eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes gedeutet werden; Österreich wäre in diesem Fall als "persistent objector" anzusehen.
  • Im Falle, dass eine Norm auf der Grundlage des VN-Migrationspaktes entstehen oder angenommen werden sollte, beansprucht Österreich, an eine solche Norm völkerrechtlich nicht gebunden zu sein.

(APA/red.)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Peter Pellegrini
Außenpolitik

Auch die Slowakei lehnt den UN-Migrationspakt ab

Der sozialdemokratische Ministerpräsident kündigte den Rückzug aus dem Migrationspakt der UNO an.
Außenpolitik

UN-Migrationspakt: Opposition sieht Ruf Österreichs ruiniert

Die Regierung mache die Lügen rechter Medien salonfähig, kritisieren die Neos bei einer Nationalratsdebatte über den Ausstieg aus dem UN-Migrationspakt. Kanzler Kurz wirf seinen Kritikern "Aufregungspolitik" vor.
Australiens Außenministerin Marise Payne.
Home

Auch Australien lehnt den UNO-Migrationspakt ab

Die konservative Regierung sieht in der Vereinbarung eine Ermutigung zur illegalen Einwanderung. Österreich hatte als eines der ersten Länder angekündigt, nicht beizutreten.
Im mexikanischen Grenzort Tijuana wird ein Kakao durch den Zaun einer Notunterkunft gereicht.
Außenpolitik

Auch Polen und Israel lehnen den UN-Migrationspakt ab

Die nationalkonservative Regierung in Warschau hatte das rechtlich nicht bindende Abkommen bereits mehrfach kritisiert. Israel will seine "Grenzen gegen illegale Einwanderer schützen". Zuvor hatte Österreich der Vereinbarung eine Absage erteilt.
Timmermans
Außenpolitik

Migrationspakt: EU-Kommissionvize "sehr enttäuscht" von Österreich

Der Ausstieg der türkis-blauen Regierung aus dem Migrationspakt erfolgte "aus innenpolitischen Motiven". Da ist sich Frans Timmermans sicher.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.