Neukaledonien bleibt bei Frankreich

Bei der Volksabstimmung im französischen Überseegebiet Neukaledonien über die Unabhängigkeit von Frankreich zeichnet sich ein klares Nein ab.

Neukaledonien bleibt ein Teil Frankreichs. Die Bewohner des rund 18.000 Kilometer vom französischen Mutterland entfernt im Südpazifik gelegenen Überseegebiets stimmten bei einem Referendum am Sonntag mit einer klaren Mehrheit von 56,4 Prozent gegen die Unabhängigkeit. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron äußerte sich "stolz" über das Ergebnis, das er als Vertrauenserklärung für Frankreich wertete.

Die Absage an die Unabhängigkeit fiel dem amtlichen Endergebnis zufolge allerdings deutlich schwächer aus als erwartet: Umfragen hatten zwischen 63 und 75 Prozent für das Nein vorausgesagt. Die Beteiligung an der Abstimmung war mit mehr als 80 Prozent sehr hoch. An dem Referendum durften etwa 175.000 Neukaledonier teilnehmen.

Nach der Abstimmung wurden vereinzelte Steinwürfe frustrierter Unabhängigkeitsbefürworter gemeldet, Autos brannten aus. Das Referendum selbst verlief jedoch friedlich.

"Historische Etappe"

Macron sprach in einer Rede an die Nation aus dem Pariser Élyséepalast von einer "historischen Etappe". Er fügte hinzu: "Ich bin als Staatschef stolz darauf, dass sich die Mehrheit der Kaledonier für Frankreich entschieden hat." Macron rief in seiner Ansprache alle Beteiligten auf, eng miteinander im Gespräch zu bleiben. "Es gibt keinen anderen Weg als den Dialog." Er schloss seine Ansprache mit den Worten. "Es lebe Neukaledonien. Es lebe die Republik. Es lebe Frankreich."

Am Montag wird Premierminister Édouard Philippe zu einem Besuch in der neukaledonischen Hauptstadt Nouméa erwartet. Aus Sorge vor Unruhen verstärkte der Staat die Sicherheitskräfte.

In den 80er-Jahren hatten Konflikte zwischen Nachfahren der sich selbst als "Kanaken" bezeichnenden Ureinwohner und europastämmigen Bewohnern gewalttätige Zusammenstöße ausgelöst, bei denen mehr als 70 Menschen starben. Als Reaktion wurde das Nouméa-Abkommen geschlossen, das eine Dezentralisierung der Macht sowie das Unabhängigkeitsreferendum vom Sonntag sowie zwei weitere mögliche Volksabstimmungen bis 2022 vorsieht.

Größerer Einfluss Chinas befürchtet

Vertreter der Unabhängigkeitsbewegung werteten die Tatsache, dass weniger Bewohner als erwartet mit Nein gestimmt hatten, als Erfolg: "Wir sind nur noch eine Handbreit vom Sieg entfernt und zwei weitere Abstimmungen kommen noch", sagte Alosio Sako von der Unabhängigkeitsbewegung FLNKS. "Die Kanaken wissen jetzt, dass sie ihre Entschlossenheit demonstrieren müssen, endlich frei zu sein."

Unabhängigkeitsgegner verweisen dagegen unter anderem auf die 1,3 Milliarden Euro, die der französische Staat jedes Jahr in die öffentlichen Kassen Neukaledoniens fließen lässt. Andere befürchten einen größeren Einfluss Chinas im Pazifik, sollte Frankreich in der Region weniger präsent sein.

Das Archipel Nouvelle-Calédonie wurde 1853 von Frankreich in Besitz genommen und anfangs als Sträflingsinsel genutzt. Auf der Inselgruppe leben rund 270.000 Menschen, weniger als die Hälfte sind Ureinwohner. Zudem kommen Nachfahren der Kolonisten und inzwischen auch viele Zuwanderer aus anderen Pazifikstaaten. Die Inselgruppe besitzt nach wie vor geostrategische Bedeutung für Paris. Zudem lagert hier ein Viertel der weltweiten Nickelvorkommen - ein wichtiger Rohstoff für die Herstellung elektronischer Geräte.

Neukaledonien gehört nicht zum Gebiet der Europäischen Union. Bezahlt wird nicht mit dem Euro, sondern mit dem Pazifik-Franc. Bei Europawahlen dürfen die Neukaledonier aber mitstimmen. Zudem wird aus den Kassen der EU auch die Infrastruktur auf der Inselgruppe mitfinanziert.

Frankreich ist seit einigen Jahren auch in anderen Überseegebieten mit Protesten und Unabhängigkeitsforderungen konfrontiert. Das in Südamerika gelegene Französisch-Guyana und der Archipel Mayotte im Indischen Ozean erlebten heftige Proteste gegen den niedrigen Lebensstandard und die von vielen Bewohnern empfundene Vernachlässigung durch Paris.

(APA/AFP/dpa/Reuters)

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