Israel fliegt Raketenangriffe auf Gaza, TV-Sender bombardiert

Palästinenser beschossen einen Bus in Israel.
Palästinenser beschossen einen Bus in Israel.APA/AFP/MENAHEM KAHANA
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Erst war ein israelischer Bus von einem Geschoss aus dem Gazastreifen getroffen worden. Israel flog daraufhin Vergeltungsangriffe und zerstörte Gebäude von al-Aksa-Television.

Nach dem tödlichen Einsatz einer israelischen Spezialeinheit im Gazastreifen ist der Konflikt mit der dort herrschenden Palästinenserorganisation Hamas gefährlich eskaliert. Palästinenser feuerten massenhaft Raketen Richtung Israel ab. Israelische Kampfjets griffen als Reaktion darauf mehr als 70 militärische Ziele in dem Küstengebiet an, wie die Armee am Montag mitteilte.

Dabei wurden nach palästinensischen Angaben mindestens drei Menschen getötet. Neun weitere Palästinenser seien verletzt worden, teilte das Gesundheitsministerium in Gaza mit.

Die israelische Luftwaffe hat auch den Fernsehsender der radikal-islamischen Hamas-Bewegung bombardiert. Die Gebäude von Al-Aksa-Television in Gaza-Stadt wurden dabei zerstört, wie Palästinenser-Vertreter mitteilten. Berichte über Opfer lagen zunächst nicht vor.

Die Angestellten hatten vor dem Bombardement die Fernsehstation verlassen, nachdem Israel den Sender telefonisch zur Evakuierung des Gebäudes aufgefordert hatte. Außerdem warnte die Luftwaffe vor dem Angriff mit dem Abfeuern von fünf Raketen, die in der Nähe einschlugen und nicht detonierten. Al-Aksa-Television nahm nach einer kurzen Unterbrechung den Betrieb wieder auf und sendete Archiv-Aufnahmen zu martialischer Musik.

Panzerabwehrgranate traf Bus in Israel

Militante Palästinenser hatten zuvor innerhalb von drei Stunden mehr als 200 Raketen und Mörsergranaten auf Israel abgefeuert, wie die israelische Armee mitteilte. Eine Panzerabwehrgranate habe einen Bus nordöstlich des Gazastreifens getroffen, in dem mindestens ein Soldat schwer verletzt worden sei.

Nach Angaben der Armee wurden rund 60 Geschosse vom Raketenabwehrsystem Iron Dome (Eisenkuppel) abgefangen. Die meisten seien in offenem Gelände eingeschlagen. Eine Handvoll Geschosse habe allerdings Gebäude getroffen - nach Angaben der israelischen Polizei auch in den Städten Sderot und Ofakim. Der israelische Rettungsdienst sprach zunächst von sechs Verletzten.

Zwei der Toten im Gazastreifen waren Mitglieder der Volksfront zur Befreiung Palästinas (PFLP) gewesen, wie die Gruppierung mitteilte. Ein dritter Palästinenser wurde nach Angaben von Sanitätern bei einem Luftangriff nahe Rafah im Süden des Gazastreifens getötet.

Israelische Spezialeinheit in Gaza

Bei dem Einsatz einer israelischen Spezialeinheit in dem Palästinensergebiet am Mittelmeer, der die Eskalation ausgelöst hatte, waren am Sonntagabend sieben militante Palästinenser und ein israelischer Offizier getötet worden. Bei dem Vorfall nahe Chan Junis wurden nach Angaben der Hamas mehrere Kämpfer ihrer Miliz getötet, unter ihnen auch ein örtlicher Kommandant, der für das Graben von Tunneln, Raketenangriffe auf Israel sowie Angriffe auf israelische Soldaten verantwortlich war. Zudem seien sieben weitere Menschen verletzt worden, teilte das Gesundheitsministerium in Gaza mit.

Nach Darstellung der Hamas war die israelische Spezialeinheit mit einem zivilen Fahrzeug drei Kilometer weit in den südlichen Gazastreifen vorgedrungen. Einsatzziel sei gewesen, den 37 Jahre alten Hamas-Kommandant Nour Baraka zu entführen. Militante Palästinenser hätten allerdings die Spezialeinheit in ihrem Fahrzeug nahe Khan Yunis entdeckt und die Identitäten der Israelis überprüft.

Die Israelis hätten Nour Baraka getötet und seien anschließend in Richtung Grenze davongefahren. Hamas-Kämpfer hätten das Feuer eröffnet und die Spezialeinheit verfolgt. Israelische Kampfjets hätten eingegriffen, um den Rückzug der Soldaten zu decken. Nach palästinensischen Angaben war Baraka ein Kommandant der Ezzedin-al-Qassam-Brigaden, des bewaffneten Arms der Hamas.

Ein Sprecher der israelischen Armee betonte: "Dies war kein Tötungsversuch und kein Entführungsversuch." In einer Mitteilung hieß es lediglich, während eines Einsatzes im Gazastreifen sei es zu einem Schusswechsel gekommen.

Die israelische Zeitung "Haaretz" schrieb, die Armee habe bei der Operation möglicherweise Geheimdienstinformationen sammeln wollen - etwa über Angriffstunnel der Hamas nach Israel.

Gewalt nimmt zu

Seit März sind bei teilweise gewaltsamen Protesten an der Gaza-Grenze zu Israel nach Angaben des Hamas-Gesundheitsministeriums mehr als 220 Palästinenser getötet worden. Die Demonstranten fordern eine Aufhebung der seit mehr als einem Jahrzehnt bestehenden Gaza-Blockade sowie eine Rückkehr palästinensischer Flüchtlinge in Gebiete, die heute zu Israel gehören.

Im Gazastreifen leben mehr als zwei Millionen Menschen. Es mangelt unter anderem an Trinkwasser und Strom. Die Hamas wird von den USA, der EU und Israel als Terrororganisation eingestuft. Ägypten bemüht sich seit Monaten um einen Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas.

(APA/dpa)

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