Europas Plan gegen Chinas Geld

Während Industrieländer wie Deutschland, Frankreich oder Österreich Chinas Geld mitunter skeptisch gegenüberstehen, empfangen die neuen Mitgliedsländer die asiatischen Geldgeber mit offenen Armen.
Während Industrieländer wie Deutschland, Frankreich oder Österreich Chinas Geld mitunter skeptisch gegenüberstehen, empfangen die neuen Mitgliedsländer die asiatischen Geldgeber mit offenen Armen.(c) APA/AFP/NICOLAS ASFOURI
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Aufgeschreckt durch Chinas Einfluss im Osten Europas, baut sich die EU einen Schutzwall gegen kritische Übernahmen
aus dem Ausland.

Brüssel/Wien. Ein gutes Jahr, nachdem EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker schärfere Regeln gegen den vermeintlichen Ausverkauf Europas an ausländische Investoren versprochen hat, ist es so weit: Schon am kommenden Dienstag könnten die Eckpunkte des neuen ökonomischen Abwehrsystems der Öffentlichkeit präsentiert werden, zeigen sich manche Verhandler zuversichtlich. Die EU wäre damit der weltweit letzte große Wirtschaftsblock, der ausländische Investitionen zum Schutz der eigenen Interessen blockieren könnte.


Der Auslöser für die Anstrengungen, die nationalen Schutzmechanismen um europaweite zu erweitern, sitzt in Peking. In den vergangenen Jahren haben chinesische Investoren Milliarden in den Kauf europäischer Technologieunternehmen und Infrastrukturprojekte investiert. Viele Geschäfte waren höchst umstritten. Der Kauf des deutschen Roboterbauers Kuka wurde ebenso emotional diskutiert wie die De-facto-Übernahme des griechischen Hafens Piräus durch den chinesischen Reedereikonzern Cosco (tatsächlich handelt es sich um einen Pachtvertrag über 35 Jahre). Häfen sind für Europas Wirtschaft von hoher strategischer Bedeutung. Über 70 Prozent der Waren, mit denen die EU handelt, erreichen oder verlassen den Kontinent auf dem Seeweg.
In Hinkunft wollen EU-Mitglieder und Kommission bei derartigen Entscheidungen gern mitreden. Investitionen in „kritische Infrastruktur“ (Energie, Transport, Telekommunikation und Finanz) und „kritische Technologien“ wie Halbleiter, Robotik und Künstliche Intelligenz sollen unter die Lupe genommen werden. Neu ist, dass auch Zukäufe in den Bereichen Wasser, Gesundheit, Medien, Biotech und Lebensmittelsicherheit genauer geprüft werden sollen.

Durchgriffsrechte gegen Osteuropa?

Letzter Knackpunkt bei den Verhandlungen ist die Frage, wie groß der Einfluss der Mitgliedsstaaten aufeinander sein soll. Denn während Industrieländer wie Deutschland, Frankreich oder Österreich Chinas Geld mitunter skeptisch gegenüberstehen, empfangen die neuen Mitgliedsländer die asiatischen Geldgeber mit offenen Armen.
Zuletzt hat Peking viele Milliarden in den Ausbau der Infrastruktur in Ost- und Südosteuropa gesteckt. Die neue Eisenbahnstrecke zwischen Belgrad und Budapest zahlen ebenso Chinesen wie den Neustart des Atomkraftwerks Belene in Bulgarien. Franck Proust, der französische Chefverhandler des EU-Parlaments, drängt auf starke Durchgriffsrechte. Wenn ein Drittel der EU-Mitglieder meint, dass eine ausländische Investition in einem anderen Land Europas Sicherheit gefährde, sollte das Geschäft blockiert werden, sagt er zum Finanzdienstleister Bloomberg. Österreichs Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP), die für die EU-Regierungen verhandelt, sieht „gute Fortschritte“, erwartet eine Einigung aber erst bis Jahresende.

Chinas Investitionen brechen ein

Im ersten Halbjahr 2018 sind die chinesischen Direktinvestitionen in Europa ohnedies deutlich eingebrochen. Mit 111 Transaktionen wurden zwar ähnlich viele Beteiligungen angestrebt wie in den ersten sechs Monaten 2017, das Volumen fiel aber um mehr als die Hälfte auf 14,9 Milliarden Euro, schätzt die Beratungsgesellschaft EY. Statt für Industriebetriebe interessierten sich die Geldgeber vermehrt für Energieprojekte.
Der Grund für den Einbruch ist übrigens nicht die verfrühte Sorge vor politischem Gegenwind aus Brüssel, sondern härtere Restriktionen in China selbst. Das Pekinger Regime wacht strenger über den Kapitalfluss ins Ausland. „Irrationale Investitionen“ in Hotels oder Fußballklubs sind nicht gern gesehen. Der Kauf vielversprechender Technologieunternehmen in Europa bleibt hingegen auf der Agenda.

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