Kampf um Kosovos Beitritt zu Interpol

Interpol-Generalsekretär Jürgen Stock im Interpol-Hauptquartier in Lyon.
Interpol-Generalsekretär Jürgen Stock im Interpol-Hauptquartier in Lyon.APA/AFP/JEFF PACHOUD
  • Drucken

Serbien will verhindern, dass der Kosovo in die internationale Polizeiorganisation aufgenommen wird. Bei der nächsten Versammlung wird ein neuer Interpol-Chef gewählt, der bisherige sitzt in China in Haft.

Belgrad. Er könne nicht viel mehr tun, als Chinas Behörden zu „ermuntern“, Informationen über den Aufenthaltsort und „Status“ des bisherigen Interpol-Präsidenten Meng Hongwei zu liefern. Das sagte der Generalsekretär der internationalen Kriminalpolizei-Organisation Interpol, Jürgen Stock, zum Verschwinden Mengs während einer Chinareise. Chinas Behörden hatten Meng im September wegen angeblicher Bestechung festgenommen.

Die Kür eines Nachfolgers für Meng steht im Mittelpunkt der bis Mittwoch tagenden 87. Generalversammlung von Interpol in Dubai. An ihr nehmen mehr als 1000 Delegierte aus 192 Mitgliedsstaaten teil. Die Niederungen der Politik spielen auch bei der möglichen Erweiterung von Interpol eine wichtige Rolle. Mit Spannung fiebern die Regierungen in Belgrad und Prishtina der für Dienstag geplanten Abstimmung über den Interpol-Beitritt des Kosovo entgegen. Serbien wehrt sich verbissen gegen die Aufnahme seiner seit 2008 unabhängigen Provinz.

Zwei Drittel der Mitglieder-Stimmen sind für den Beitritt zu Interpol nötig, um den sich außer Kosovo auch die Pazifikinseln Kiribati und Vanuata bemühen. Seit Monaten üben sich Prishtina und Belgrad in millionenschweren Lobby-Anstrengungen, um den Interpol-Beitritt zu ermöglichen beziehungsweise zu verhindern.

Veteranen auf Fahndungsliste?

Serbien befürchtet, nach Interpol könnten auch andere internationale Organisationen den Kosovo aufnehmen. Es verweist auf die Interpol-Statuten, denen zufolge nur UN-Mitglieder aufgenommen werden könnten. Innenminister Nebojša Stefanović warnt, Prishtina werde „tausende“ serbische Veteranen des Kosovokriegs auf die Interpol-Fahndungsliste setzen. In der Vergangenheit war es Serbien, das Kosovos früheren UCK-Kommandanten mit Hilfe von Interpol-Haftbefehlen bei Auslandsreisen kurzfristige Zwangsaufenthalte in der Fremde bescherte.

Prishtina wiederum führt einen verbesserten Kampf gegen die organisierte Kriminalität in der Region für den anvisierten Interpol-Beitritt ins Feld – ein Argument, dem sich auch Staaten, die dem Kosovo bisher die Anerkennung versagen, nicht verschließen können. Denn um die Kooperation der oft hilflos wirkenden Gesetzeshüter der Region ist es im Kampf gegen grenzüberschreitend operierende Drogenclans, Auftragskiller und Schlepperbanden auf dem Balkan alles andere als gut bestellt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.11.2018)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.