Affäre Khashoggi bringt Trump unter Druck

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Nach Berlins Vorstoß fordern auch US-Politiker Maßnahmen gegen Saudis. Trump zögert, denn es geht um Waffenexporte und Wirtschaftsinteressen.

New York. In Zahlen gegossen scheint die Entscheidung Deutschlands, keine Waffen mehr nach Saudiarabien zu liefern, weitgehend irrelevant. Um 250 Millionen Euro kaufte das Königreich im vergangenen Jahr Militärgerät aus der Bundesrepublik. Berlin ist für weniger als zwei Prozent der saudischen Waffenimporte verantwortlich. Und doch: Signalwirkung hat der Schritt allemal. Frankreich will nachziehen und in den USA, den mit Abstand größten Waffenlieferanten, werden die Stimmen jener, die nach der Ermordung des Regimekritikers Jamal Khashoggi härtere Sanktionen gegen Riad fordern, immer lauter.

Schon nach Bekanntwerden eines Berichts des Geheimdienstes CIA, wonach die Tötung Khashoggis von Kronprinz Mohammed bin Salman in Auftrag gegeben worden sei, war der Druck auf Donald Trump gestiegen. Mit den Entscheidungen aus Berlin und Paris gerät der US-Präsident weiter in die Defensive. Ob Bob Corker, der Vorsitzende im außenpolitischen Ausschuss des Senats, Rand Paul, der einflussreiche Republikaner aus Kentucky, oder Lindsey Graham, der mächtige Senator aus South Carolina: Sie alle halten die verhängten Einreiseverbote und Sanktionen gegen Einzelpersonen für unzureichend. Sie fordern das Weiße Haus auf, entschiedener gegen den US-Verbündeten im Nahen Osten vorzugehen.

„Habe CIA-Bericht nicht gesehen“

Trump sitzt zwischen den Stühlen und spielte zuletzt auf Zeit. Den CIA-Bericht habe er nicht gesehen, er wolle die offiziellen Untersuchungsergebnisse seiner Regierung abwarten. Diese wurden für den Wochenbeginn angekündigt, am Dienstag war zunächst noch unklar, ob sie veröffentlicht werden und welche Schlüsse der Präsident daraus ziehen wird. Der im US-Bundesstaat Virginia lebende Kashoggi wurde Anfang Oktober im saudischen Konsulat in Istanbul ermordet – soviel hat Riad mittlerweile eingestanden. Bin Salman jedoch habe davon nichts gewusst.

Es sei unklar, ob das „wirklich irgendjemand jemals weiß“, antwortete Trump im Interview mit „Fox News“ auf die Frage, ob der Thronfolger für den Mord verantwortlich sei. Im Vorjahr schloss der Präsident mit dem Kronprinzen eine Absichtserklärung über Waffenlieferungen in Höhe von 110 Mrd. Dollar ab. 2017 exportierten die USA Waffen im Wert von 3,4 Mrd. Dollar nach Riad. Zum Vergleich: Deutschlands weltweite Waffenexporte liegen bei 1,7 Mrd. Euro. Jetzt, wo sich die Konjunktur einzutrüben droht, könnte eine Stornierung der Lieferungen den USA Schaden zufügen. „Ich will keine Arbeitsplätze gefährden“, sagte Trump.

Guter Draht zum Kronprinzen

Zugleich beginnt die Affäre Trump zu schaden. Es hagelt Kritik von allen Seiten, nicht zuletzt, weil der Präsidentenfamilie ein guter Draht zu bin Salman nachgesagt wird. Dieser ist um Schadensbegrenzung bemüht und hofft, dass die Todesstrafe für fünf in die Ermordung Khashoggis involvierte Saudis die Wogen glätten werde. Trump müsse „Verantwortung zeigen“, bevor Riad „die Männer tötet, die offensichtlich nur einen Auftrag ausgeführt haben“, sagte Senator Corker.

Auf einen Blick

Wegen des Mordes am regimekritischen saudischen Journalisten Jamal Khashoggi hat Deutschland die Rüstungsexporte nach Saudiarabien gestoppt. In Frankreich denkt man darüber nach, bei diesen Maßnahmen nachzuziehen. Damit wird auch in den USA der Druck auf Präsident Donald Trump größer, ähnliche Schritte zu setzen. Trump zögerte jedoch noch. Denn Saudiarabien ist ein wichtiger strategischer Verbündeter und Trump will nicht auf die Waffenexporte verzichten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.11.2018)

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