EU-Parlament

Sacharow-Preis für Senzow

Der ukrainische Filmemacher sitzt eine 20-jährige Haftstrafe in einer russischen Strafkolonie am Polarkreis ab.
Der ukrainische Filmemacher sitzt eine 20-jährige Haftstrafe in einer russischen Strafkolonie am Polarkreis ab.(c) APA/AFP/SERGEI SUPINSKY
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Menschenrechtspreis an den inhaftierten Filmemacher Oleg Senzow verliehen. Seine Cousine nahm die Auszeichnung entgegen.

Straßburg. Oleg Senzow konnte seine Auszeichnung nicht persönlich entgegennehmen. Der ukrainische Filmemacher sitzt eine 20-jährige Haftstrafe in einer russischen Strafkolonie am Polarkreis ab. Er freue sich über die Verleihung des Preises, jedoch dürften die anderen politischen Häftlinge nicht vergessen werden – mit diesen Worten soll sich Oleg Senzow für die gestrige Zuerkennung des Sacharow-Preises durch das Europaparlament bedankt haben.

Parlamentspräsident Antonio Tajani ehrte den Preisträger in einer Rede und forderte von den russischen Behörden Senzows Freilassung. Die EU verteidige Freiheit und Menschenrechte, „auch außerhalb der Union“. „Ich hoffe, dass der Preis auf den russischen Staat Einfluss haben wird“, sagte Senzows Anwalt Dmitrij Dinse vor Journalisten. Senzows Cousine Natalia Kaplan nahm den Preis entgegen. Die Auszeichnung ist mit 50.000 Euro dotiert.

Der 42-jährige Filmemacher war im Mai 2014 festgenommen worden, nachdem er gegen die Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim durch Russland protestiert hatte. Moskau legte ihm die Mitgliedschaft in einer terroristischen Organisation zur Last. Der Prozess wurde von Amnesty International als „unfaires Verfahren aufgrund politisch motivierter Anklagen“ gewertet.

Senzow hielt heuer einen 145 Tage dauernden Hungerstreik ab, der ihn gesundheitlich stark schwächte. Er wollte damit auf die Situation politischer Gefangener aufmerksam machen. Senzow brach den Streik schließlich am 6. Oktober ab, unter Androhung von Zwangsernährung. „Der Hungerstreik ist nicht unberührt an ihm vorübergegangen“, so Dinse. Es sei schwierig, Informationen über den Gesundheitszustand seines Mandanten zu bekommen. Derzeit arbeitet Senzow an einem neuen Filmprojekt.

Gnadengesuch abgelehnt

Michael Gahler von der Europäischen Volkspartei hat den Prozess gegen Senzow verfolgt. Die Verleihung passe „sehr gut zum Erbe Andrej Sacharows“. Wie der sowjetische Dissident und Kernphysiker sei Senow ein „friedlicher Mensch, der seine Meinung ausgesprochen hat“. Gahler betonte, dass der Fall Senzow bei internationalen Diplomatentreffen beständig zum Thema gemacht werden solle.

Ein Gnadengesuch von Senzows Mutter war im August vom Kreml abgelehnt worden; Senzow selbst müsse Präsident Wladimir Putin um Begnadigung ersuchen. Er hoffe, dass er den Preis wirklich verdiene, ließ Senzow den Parlamentariern in einem Brief ausrichten, den seine Cousine im Plenum verlas. „Sacharow war ein sehr kluger Mann. Er hat die Latte hoch gelegt.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.12.2018)

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