CSU auf neuem Kuschelkurs mit großer Schwester

Annegret Kramp-Karrenbauer
Annegret Kramp-KarrenbauerREUTERS
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Bei ihrer Winterklausur in Kloster Seeon pocht die CSU auf Einigkeit mit der CDU und deren neuer Chefin, Annegret Kramp-Karrenbauer. Zugleich will man weiterhin Härte bei Zuwanderung und Asyl demonstrieren.

Seeon. Bayerns CSU wäre nicht die CSU, würde sie nicht immer wieder strengere Regeln zur Zuwanderung und (meist in diesem Kontext) gegen die Kriminalität verlangen. Straftäter unter Asylbewerbern, so heißt es nun in einem Beschluss der CSU-Winterklausur in Kloster Seeon, sollten auch während ihrer Haftzeit abgeschoben werden, spätestens aber sofort danach: „Vom Gefängnistor direkt zum Abfluggate.“ Schon wer zu sechs Monaten Freiheitsentzug verurteilt sei, solle keinen Schutz mehr genießen.

Ferner will die CSU eine „Klarstellung im Strafgesetzbuch“, dass „Kettenbewährungen“ unzulässig seien – also die Möglichkeit, dass Kleinstraftäter im Wiederholungsfall immer nur auf Bewährung verurteilt würden, nie aber einsitzen müssten. So sei, heißt es in dem Beschluss der CSU-Bundestagsgruppe, der 29-Jährige, der auf dem Straßburger Weihnachtsmarkt vier Menschen erschossen hat, zuvor „ 27 Mal wegen Gewalttaten, Einbruchs und Diebstahls verurteilt“ worden und trotzdem auf freiem Fuß geblieben.

Gegen „Spurwechsel“

Zum künftigen Fachkräftezuwanderungsgesetz verlangt die CSU, es solle nur für Personen unter 45Jahren gelten; nur sie hätten eine Chance, „sich eine Altersversorgung über dem Niveau der Grundsicherung zu erarbeiten“. Eine „Vermischung von Erwerbsmigration und Asyl“ lehnt die CSU ab. Für Geduldete, die einer Arbeit nachgehen, solle ein „verlässlicher Status“ außerhalb des Zuwanderungsgesetzes gefunden werden.

Damit wäre der von der CSU immer kritisierte „Spurwechsel“ wenigstens optisch vom Tisch. Er soll auch andersrum vermieden werden: Wer zu Arbeitszwecken einwandert, soll später – bei einem Scheitern seiner Jobsuche – keinen Asylantrag stellen können.

Die vielen Forderungen der CSU-Landesgruppe stoßen sich mit der Maxime, die der künftige Parteichef Markus Söder am ersten Tag der Seeoner Klausur ausgegeben hat. Die Bürger, sagte er, seien gerade beim Thema Asyl und Abschiebung „die Grundsatzdiskussionen leid“. Es müssten endlich „praktische Ergebnisse“ kommen.

„Der Streit lähmt und nervt“

Grundsätzlich schien man bei der Klausur in Kloster Seeon, wo sich die 46 Abgeordneten der CSU für drei Tage versammelt hatten, auf so viel Harmonie wie schon lang nicht mehr zu setzen: Die CSU will sich nicht mehr mit der großen Schwester CDU zoffen. „Das höchste Gut der Union ist die Geschlossenheit“, sagte Horst Seehofer auf einmal. „Dieser Streit um des Streites willen, dieses ständige Schaulaufen, das lähmt, das nervt, das langweilt“, meinte Markus Söder nun, und Landesgruppenchef Alexander Dobrindt ergänzte, man wolle „den Zusammenhalt, die Gemeinschaft, die Schicksalsgemeinschaft der Union offensiv zeigen“.

Bundeskanzlerin Angela Merkel, die man in diesen Kreisen schon lang nicht mehr hat sehen wollen, ist als CDU-Chefin ja weg; umso freundlicher hat man Nachfolgerin Annegret Kramp-Karrenbauer willkommen geheißen.

„Wir wollen die europäische Idee positiv weiterentwickeln“, sagte Dobrindt. Da geht es nicht mehr um Attacken gegen Brüssel oder um das Hofieren von Politikern wie dem ungarischen Regierungschef, Viktor Orbán. Die CSU stellt mit Manfred Weber den Spitzenkandidaten der Europäischen Volksparteien; der Niederbayer könnte gar Chef der EU-Kommission werden. Nun will ihm zu Hause keiner mehr in den Rücken fallen: Fünf Monate vor der Europawahl stellt sich die CSU als europafreundliche Volkspartei auf.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.01.2019)

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