Nordmazedonien - ein Name regt die Griechen auf

Nationalisten wehren sich heftig gegen die Lösung.
Nationalisten wehren sich heftig gegen die Lösung.imago/Pacific Press Agency
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Im Parlament in Athen soll heute über eine Beilegung des Namensstreits mit „Nordmazedonien“ abgestimmt werden. Nationalisten wehren sich heftig gegen die Lösung.

Athen. Die Frage lässt in Griechenland die Wogen hochgehen. Darf sich das kleine Nachbarland Nordmazedonien nennen? Das ist der vorliegende Kompromissvorschlag im Namensstreit zwischen Griechenland und Mazedonien. Mehr als 60.000 Menschen waren bereits am Wochenende vor dem griechischen Parlament aufmarschiert, um lautstark gegen die Ratifizierung des Abkommens zu protestieren, das den Namensstreit beilegen soll. Rechtsradikale bewarfen die Polizei mit Brandbomben, die antwortete mit Tränengas.

Am Donnerstag waren die Gegner des Abkommens von Prespa erneut auf der Straße. Denn für Freitagnachmittag war im Parlament eine Abstimmung darüber angesetzt. Ursprünglich sollte das Votum bereits Donnerstagnacht stattfinden, wurde aber verschoben. Doch nicht nur vor dem Parlament sorgte das unbeliebte Abkommen – nach Meinungsumfragen sind zwei Drittel der Griechen dagegen – für Tumulte. Im Hohen Haus selbst zerbrach an der Frage die Regierungskoalition der linken Syriza von Premier Alexis Tsipras mit den rechtspopulistischen Unabhängigen Griechen (Anel), eine Zweckehe, die immerhin vier Jahr gehalten hatte. Neuwahlen gibt es dennoch keine – Tsipras stellte die Vertrauensfrage und konnte sich mithilfe von Parteiunabhängigen die Mehrheit sichern.

Kleinpartei löste sich auf

Nebenbei zerstörten die nationalen Wallungen der Abgeordneten auch den Traum von der Wiedergeburt einer starken linken Mitte: Die „Bewegung für den Wechsel“, Nachfolgerin der einst allmächtigen sozialistischen Pasok, zerbrach an der Frage; aber auch die Kleinpartei Potami löste sich auf. Abgeordnete dieser beiden Formationen sicherten Syriza die Mehrheit von über 151 Sitzen im 300-köpfigen Parlament. Syriza hat 145 Sitze, zumindest drei Abgeordnete von Potami sind für das Abkommen, dazu kommen einige Stimmen von Anel-Abtrünnigen und parteilosen Parlamentariern.

Die Gegner freilich fordern eine Volksabstimmung. Tsipras lehnt das mit dem Argument ab, dass man kein Referendum in Griechenland abhalten könne, bei dem es um den Namen eines anderen Staats gehe.

Nationalisten bezeichnen alle Abgeordneten, die für den neuen Namen Nordmazedonien stimmen, als Verräter. In Griechenland sind Plakate im Umlauf, auf denen die Fotos von Befürwortern des Abkommens zu sehen sind. Darunter ist zu lesen: „Wirst auch DuMazedonien verraten?“ Was mit Politikern in Griechenland geschieht, die nach Auffassung der Nationalisten Verräter an der griechischen Sache sind, musste Giannis Boutaris, der greise Bürgermeister von Thessaloniki, im Mai 2018 feststellen, als er von einer aufgebrachten Meute attackiert wurde und im Spital landete.

Radikale Nationalisten stehen auf dem Standpunkt, dass jeder Name, der den Bestandteil „Mazedonien“ enthält, abzulehnen ist. Sie pochen auf das antike Erbe des Makedonenkönigs Alexander des Großen und die gleichnamige griechische Region Makedonien – die Verwendung desselben Worts impliziere Gebietsansprüche des Nachbarn. „Es gibt nur ein Mazedonien, und das ist griechisch“, sagen sie, übersehen dabei aber, dass dies ebenfalls eine, zumindest verbale, Aggression gegen den Nachbarstaat darstellt.

Kyriakos Mitsotakis, Chef der konservativen Opposition der Nea Dimokratia (ND), hat sich zwar in der Vergangenheit für einen zusammengesetzten Namen unter Einbeziehung des Reizworts Mazedonien ausgesprochen, hat jedoch angesichts der ablehnenden öffentlichen Meinung eine Kehrtwendung vollzogen und kritisiert die „Anerkennung einer mazedonischen Nationalität“ im Abkommen. Das ist nicht nur populär, sondern verhindert auch die Abspaltung des rechten Parteiflügels.

Aus für Namensungetüm

Laut Abkommen soll der nördliche Nachbar Nordmazedonien heißen, obwohl ihn bereits 140 Staaten, darunter die USA, Russland und China als „Mazedonien“ anerkannt haben. Dann soll auch das Wortungetüm „Ehemalige Jugoslawische Republik Mazedonien“, das seit 1995 international benutzt wird, als eine letzte Erinnerung an Jugoslawien gelöscht werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.01.2019)

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