Neue Partei: Frühling im politischen Polen

Robert Biedroń.
Robert Biedroń.(c) APA/AFP/JANEK SKARZYNSKI
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Robert Biedroń benennt seine linke Bewegung Wiosna – Frühling. Er fordert die Homo-Ehe und einen säkularen Staat.

Warschau. „Robert, Robert, Robert!“, rufen ihm seinen Anhänger herausfordernd zu. Doch Robert Biedroń hält die Spannung bis zum Schluss. Den Namen seiner neuen Partei will er noch nicht verraten. Erst stellt er sein Programm vor. „Wir wollen“, sagt er, „Toleranz und Gleichheit für alle Bürger.“ Seit Monaten schon wurde in Polen darüber spekuliert, wie der einstige Bürgermeister von Słupsk (Stolp) seine neue Partei nennen würde. Seit Sonntag ist klar: Die neue Linkspartei heißt Wiosna (Frühling).

Der Aktivist Biedroń inszenierte sich in der Warschauer Konzerthalle als neuer polnischer Leader, der die zutiefst polarisierte Landschaft aufbrechen kann. Der Ex-Abgeordnete der linksliberalen „Palikot“-Bewegung gab seine neue Bewegung als außerparlamentarische Anti-Establishment-Partei aus, die im Gegensatz zu Jarosław Kaczyńskis rechtsnationaler Regierungspartei PiS und der liberalen Oppositionspartei Bürgerplattform (PO) des heutigen EU-Ratsvorsitzenden Donald Tusk echte europäische Werte wie Toleranz, politische Dialogbereitschaft und freie Partnerwahl vertrete.

Mit EU- und Polen-Flaggen bewaffnete, größtenteils junge Anhänger jubelten dem 42-Jährigen zu, der auf einer in die Menge vorgebauten Bühne gleichsam in der Menge badete. Auch ein paar wenige Regenbogenfahnen waren zu sehen. Biedroń stellte auf dem Gründungskongress seiner „Frühlingspartei“ Werte vor, von denen in Polen schon lang niemand mehr zu sprechen gewagt hatte. So forderte er die vollständige Freigabe der Abtreibung bis zur zwölften Schwangerschaftswoche, die Homosexuellen-Ehe, aber auch Aufklärungsunterricht in der Schule – das ist heute in Polen lang keine Selbstverständlichkeit – sowie eine strikte Trennung von Kirche und Staat.

Als homosexueller Atheist verkörpert Biedroń mit seinem Lebensstil das pure Gegenteil der heute erfolgreichen PiS. Die Partei kann sich trotz des Immobilienskandals rund um Parteichef Kaczyński jedoch noch immer auf fast 40 Prozent Unterstützung verlassen. (flü)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.02.2019)

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