Der ungewöhnliche Rücktritt des Mohamed Javad Zarif

Irans Außenminister Mohamad Javad Zarif am Balkon des Palais Coburg in Wien während der Verhandlungen um das Atomabkommen im Jahr 2015.
Irans Außenminister Mohamad Javad Zarif am Balkon des Palais Coburg in Wien während der Verhandlungen um das Atomabkommen im Jahr 2015.REUTERS
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Zarif verkündete kurz vor Mitternacht Ortszeit auf Instagram seinen Rücktritt als iranischer Außenminister. Doch Präsident Rohani will den Mann mit gutem Draht zur EU nicht ziehen lassen.

Ein Rücktritt im Iran mit Fragezeichen. Das iranische Präsidialamt hat den Rücktritt von Außenminister Mohamed Javad Zarif bestätigt. Gleichzeitig wurde aber bekanntgegeben, dass Präsident Hassan Rohani dies nicht akzeptieren werde.

Zarif habe bis jetzt bravourös seine Arbeit verrichtet und werde es auch weiterhin tun, so das Präsidialamt auf seiner Instagram-Seite in der Nacht auf Dienstag. Daher werde Präsident Rouhani auch diesen Rücktritt nicht akzeptieren. "Zarif wird nicht alleine sein und wir (die Regierung) werden alle zu ihm halten", so das Präsidialamt.

Zarif hatte am späten Montagabend auf Instagram seinen Rücktritt erklärt. Beobachter in Teheran waren überrascht, dass Zarif eine derart wichtige Entscheidung kurz vor Mitternacht Ortszeit über ein soziales Medium bekanntgab. Aber auch sie gingen davon aus, dass der Präsident den Rücktritt seines Chefdiplomaten nicht akzeptieren und Zarif daher weiterhin im Amt bleiben werde.

Das freundliche Gesicht des Irans

Als Hassan Rohani 2013 iranischer Präsident wurde, war sein wichtigstes Ziel, die Islamische Republik aus der Isolation zu führen. Dafür musste er zunächst das Hauptproblem lösen: den damals bereits seit mehr als zehn Jahren andauernden Atomstreit mit dem Westen. Das konnte nach seiner Meinung nur einer: Außenminister Mohammed Jawad Zarif. Zwei Jahre später stellte sich heraus, dass Rohani die richtige Entscheidung getroffen hatte.

Für den Iran handelte Zarif in Wien das Atomabkommen mit den UN-Vetomächten und Deutschland aus. Die Atomvereinbarung von 2015 sollte den Iran daran hindern, Atomwaffen zu entwickeln. Im Gegenzug sollten Sanktionen aufgehoben werden. Als Außenminister und Chefunterhändler machte Zarif von Anfang an bei der Gegenseite eine gute Figur. Er war nicht nur eloquent und gebildet, sondern wegen seiner Zeit bei den Vereinigten Nationen in New York auch diplomatisch beschlagen. Damit war er das genaue Gegenteil seiner beiden Vorgänger. Die hatten mit langatmigen Monologen die damaligen EU-Außenbeauftragten Javier Solana und Catherine Ashton zur Verzweiflung gebracht und jeden Fortschritt der Verhandlungen im Keim erstickt.

Zarif ist weltläufig und spricht perfekt Englisch. Der 1960 in Teheran geborene Diplomat hat in San Francisco studiert und besitzt einen Doktortitel in Politologie der Universität Denver. Von 2002 bis 2007 war er iranischer Botschafter bei den Vereinten Nationen in New York; schon damals hatte er mehrere inoffizielle Treffen mit US-Politikern. Als Diplomat und stellvertretender Außenminister diente er mehreren Präsidenten.

Die Chemie hat gestimmt

Mit Ashtons Nachfolgerin Federica Mogherini verstand sich Zarif bestens - und tut es auch nach Abschluss des Atomabkommens. Zwar hatte er mit der Italienerin angeblich während einer der Verhandlungsrunden einen heftigen verbalen Streit, doch beide haben sich schnell wieder versöhnt.

Auch die sonst politisch kritische Jugend im Iran schätzt den modernen diplomatischen Frontmann. Nicht nur, weil er umgänglich ist, sondern auch, weil er sich gern und geschickt sozialer Medien wie Twitter und Facebook bedient, die im Iran eigentlich verboten sind.

Seitdem US-Präsident Donald Trump im vergangenen Jahr den Rückzug der USA aus dem Atomabkommen erklärte und Sanktionen wieder in Kraft setzte, war auch Zarif innenpolitisch in die Kritik geraten.

(APA/AFP)

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