Ich sah die Hölle des IS

Das Ende des „Kalifats“. Kämpfer der Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) zerschlugen in den vergangenen Wochen die letzte Hochburg des IS in Baghuz. Die Terrorherrschaft der Jihadisten ist Geschichte.
Das Ende des „Kalifats“. Kämpfer der Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) zerschlugen in den vergangenen Wochen die letzte Hochburg des IS in Baghuz. Die Terrorherrschaft der Jihadisten ist Geschichte. (c) APA/AFP/BULENT KILIC
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Ich war gerade in Aleppo, als der IS dort 2013 begann, seine schreckliche Fratze zu zeigen. Es waren nur Vorboten der späteren schweren Verbrechen. Als Reporter erlebte ich Aufstieg und Fall der Jihadisten.

Es war ein großer Moment, als am Samstag in der Stadt Baghuz am Euphrat die Flagge des Islamischen Staates (IS) vom Mast geholt wurde. Es war das letzte schwarze Banner der Jihadisten, das Herrschaft über ein Territorium signalisierte. Vor fünf Jahren kontrollierte der IS noch ein Gebiet so groß wie Österreich mit rund acht Millionen Menschen. Nun ist das „Kalifat“ Makulatur und seine Armee vernichtet. Es war eine Spur unsäglicher Grausamkeit, die der IS in Syrien und im Irak hinterließ und der ich als Reporter über all die Jahre gefolgt bin. Angeblich wollten die Jihadisten ein islamistisches Paradies errichten. Stattdessen brachten sie die Hölle über die Menschen der Region. Ich habe die Massengräber gesehen, in denen der IS seine Opfer verscharrte, die zerstörten Städte und Dörfer, den Schrecken der Flüchtlinge, die buchstäblich im allerletzten Moment dem IS noch entkommen konnten. Ich habe die Männer gesehen, denen die Hand abgehackt wurde, die Trauer und Tränen der von den Extremisten vergewaltigten Frauen.

Die Brutalität der Terrormiliz war schon 2013 erkennbar, als der IS noch gar kein Staatsgebiet kontrollierte. Als ich damals in Aleppo war, ermordeten zwei IS-Kämpfer einen 15-jährigen Burschen, der auf der Straße Kaffee verkaufte. Die Männer wollten nicht bezahlen, und der Bursch beharrte auf dem Geld: „Selbst Prophet Mohammed müsste bei mir bezahlen.“ Er dachte, einen Witz gemacht zu haben. Nur, für die IS-Kämpfer war das Blasphemie, und sie exekutierten ihn auf der Stelle.

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