Athen will näher an China rücken

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Gerüchte, dass Chinas Initiative in Osteuropa an Stoßkraft verloren hat, dürften sich zerstreuen. Athen will offenbar dem von Brüssel kritisierten Format beitreten, hat die „Presse“ erfahren.

Chinas Premier Li Keqiang weiß um seine heikle Mission. Um sein Publikum zu überzeugen, versucht er es mit Anspielungen auf die Populärkultur: „Unsere Beziehung ist nicht wie in Game of Thrones, es ist wahre Kooperation“, sagte er in Bezug auf die von Intrigen und Machtspielen durchdrungene Fantasy-Serie, die teilweise in der kroatischen Küstenstadt Dubrovnik gedreht wurde.

Dort sind am Donnerstag und Freitag Vertreter 16 ost- und mitteleuropäischer Staaten zusammengekommen, um mit dem Staatsgast aus der Volksrepublik Wirtschaftsdeals auszuhandeln. Peking hat das jährliche Format, dem elf EU-Staaten und fünf EU-Beitrittsländer angehören, 2012 ins Leben gerufen. Es ist Teil von Chinas „Belt and Road“-Initiative. In Anlehnung an die antike Seidenstraße will Peking ein weltumspannendes Infrastrukturnetz schaffen.

Brüssel verfolgt das chinesische 16+1-Projekt genau: Es sieht sich nicht nur im wirtschaftlichen Wettbewerb mit China herausgefordert, das seinen Firmen den Zutritt zum europäischen Markt erleichtern will. Die EU warnt auch vor dem wachsenden politischen Einfluss der Volksrepublik in ihrem Hinterhof: Die aufstrebende Macht erkaufe sich Loyalitäten und verhindere ein geeintes Auftreten der EU.

Doch Gerüchte, das Projekt habe an Schlagkraft verloren, dürften sich zerstreuen: Griechenland zeigt großes Interesse, der Kooperation offiziell beizutreten, hat die „Presse“ aus Diplomatenkreisen erfahren. Athen hat derzeit lediglich Beobachterstatus. Griechenland hat sich ebenso wie die anderen Staaten der 16+1-Kooperation bereits 2015 vertraglich zu der Seidenstraßeninitiative bekannt. Es steht chinesischen Investitionen seit der Schuldenkrise offen gegenüber. So hat Staatsreederei Cosco die Mehrheitsanteile des griechischen Hafens in Piräus erworben.

Chinesische Firmen lugen auf Rijeka

Für Peking wäre der griechische Beitritt zu den 16+1 ein weiterer Erfolg binnen weniger Wochen: Erst im März hat sich Italien trotz innereuropäischen Protests offiziell der Seidenstraßeninitiative angeschlossen. Mit chinesischer Hilfe will Rom unter anderem seine Häfen zu einer Drehscheibe für den China-Handel machen. Ähnliches dürfte nun dem 16+1-Gastgeberland Kroatien vorschweben.

Chinesische Firmen erwägen laut Medienberichten nicht nur, in den Containerterminal in Rijeka sondern auch in die Bahnstrecke zwischen der Adria-Stadt und Zagreb zu investieren. Auch den größten kroatischen Schiffsbauer Uljanik könnten die Chinesen aufkaufen.

Österreich beobachtet die chinesischen Aktivitäten in der Region genau: Die heimische Wirtschaft hofft, mit ihrer Osteuropa-Expertise zu punkten. Wien ist daher als Beobachter in der 16+1-Kooperation vertreten, lehnt aber eine formelle Mitgliedschaft ab. Und auch die umstrittene Absichtserklärung zur Seidenstraßeninitiative will die Regierung nicht unterschreiben.

16+1-Kooperation
16+1-KooperationDie Presse

Während Peking beteuert, mit den Investitionen die Integration Europas voranzutreiben, ist die europäische Kritik-Liste lange: Die Ausschreibung für die chinesischen Projekte verlaufe intransparent und befeuere Korruption. China liefere Arbeiter und Rohstoffe mit, die lokale Wirtschaft profitiere kaum. Die schnellen Geldspritzen seien mit hohen Zinsen verbunden.

Leise Zugeständnisse aus China

Auch fehlende Umweltstandards werden bemängelt. Und: China müsse seinen Markt für europäische Unternehmen öffnen. Leise Zugeständnisse machte Li diesbezüglich beim EU-China-Gipfel diese Woche.

Was der einfache Marktzutritt für chinesische Staatsunternehmen bedeutet, erfuhr Österreichs Baukonzern Strabag vergangenes Jahr: Die staatliche China Road and Bridge Corporation erhielt den Zuschlag für den Bau einer Brücke vom kroatischen Festland auf die Halbinsel Pelješac – obwohl das Projekt zum Großteil über EU-Fördermittel finanziert ist. Die Strabag unterlag dem womöglich subventionierten Staatskonzern und reichte vergangenen April eine einstweilige Verfügung bei der EU-Kommission ein. Derzeit warte man auf die Entscheidung aus Brüssel, heißt es vonseiten der Strabag gegenüber der „Presse“.

Doch der Fokus Pekings liegt in den Ländern am Westbalkan, die einen massiven Nachholbedarf in der Infrastruktur haben: Seit 2012 hat China den 16+1-Staaten Projekte im Umfang von 13,67 Milliarden Euro versprochen, 70 Prozent davon flossen nach Albanien, Serbien, Montenegro, Nordmazedonien und Bosnien und Herzegowina.

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