Deutsche Regierung will notfalls ins Gefängnis "abschieben"

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Nicht einmal jede zweite Abschiebung gelingt in Deutschland. Innenminister Seehofer will das ändern. Die Koalition billigt seinen Plan, doch in den Ländern regt sich Widerstand.

Im Herbst 2016 ging Angela Merkel auf ihre Kritiker zu: Die deutsche Kanzlerin kündigte eine „nationale Kraftanstrengung“ bei Abschiebungen an. Doch zweieinhalb Jahre später zeigt sich kaum Fortschritt. Eine Zahl macht das besonders deutlich: Im Vorjahr gab es mehr gescheiterte Abschiebungen (31.000) als erfolgreiche (26.000).  Innenminister Horst Seehofer (CSU) setzt deshalb auf Härte. Am Mittwoch billigte die Regierung den Entwurf seines „Geordnete-Rückkehr-Gesetzes“. Vor allem ein Punkt erhitzt die Gemüter: Künftig sollen Ausreisepflichtige auch in gewöhnlichen Haftanstalten untergebracht werden. Im Innenministerium rechtfertigt man das mit dem Mangel an Abschiebehaftplätzen. Derzeit gibt es davon nur knapp 490 in der gesamten Republik.

Fakten

Ende 2018 hielten sich 236.000 ausreisepflichtige Ausländer in Deutschland auf, davon waren 56.000 „vollziehbar ausreisepflichtig", die überwiegende Mehrheit, also 180.000 hatte aus diversen Gründen eine Duldung.

Doch in den Bundesländern regt sich parteiübergreifend Widerstand. Fast geschlossen warnten die Justizminister vor einer Überlastung der schon jetzt an ihre Kapazitätsgrenzen stoßenden Gefängnisse. Sie hegen auch rechtliche Bedenken: Seehofers Entwurf, so der Tenor unter den Landesjustizministern, verwische die Grenzen zwischen Asyl- und Strafrecht. Er verstoße damit gegen das sogenannte Trennungsgebot. Zwar würden auch nach Seehofers Plänen Straftäter und  Abschiebehäftlinge separiert, aber eben unter demselben Dach. Das Innenministerium stützt sich dabei auf eine Ausnahmeregelung bei Kapazitätsengpässen. Zudem sei die Maßnahme auf drei Jahre befristet.

Sanktionen bei ungeklärter Identität

Die größten Hoffnungen setzt Seehofer aber in die Einführung der neuen Kategorie „geduldete Personen mit ungeklärter Identität". Sie zielt auf abgelehnte Asylwerber, die ihre Identität verschleiern. Künftig drohen ihnen Sanktionen wie Wohnsitzauflage, Arbeitsverbot oder Bußgelder. Zudem senkt der Entwurf an mehreren Stellen die Hürden, um jemanden in Abschiebehaft zu nehmen.

Andere Stellen seines Gesetzesentwurfs musste Seehofer aus Rücksicht auf den Koalitionspartner SPD  aufweichen, was laut „FAZ" wiederum Innenpolitiker in CDU und CSU empörte. So wurde zum Beispiel das Vorhaben gestrichen, die Behinderung von Abschiebungen unter Strafe zu stellen. Auch andere Maßnahmen wurden abgeändert. Die von Seehofer geplante „Mitwirkungshaft“ wurde auf Drängen des Koalitionspartners SPD auf zwei Wochen beschränkt. In diesem zweiwöchigen Zeitraum soll die Wahrung von Terminen an Botschaften erzwungen werden.

Und ein zentrales Problem bleibt freilich bestehen: Mit einigen Herkunftsländern gibt es schlicht kein Rückführungsabkommen.

Mehr Integrationskurse

Die neue Härte gegenüber Ausreisepflichtigen wird begleitet von einer Aufstockung der Leistungen für Asylwerber. Die Sätze für den persönlichen Bedarf für Alleinstehende und Alleinerziehende sollen von derzeit 135 auf 150 Euro erhöht werden. Zudem wird der Zugang zu Integrationskursen und berufsbezogenen Sprachkursen erleichtert. Das Angebot wird nun für jene geöffnet, die seit neun Monaten im Land sind, deren Aufenthalt gestattet ist und die als arbeitssuchend gemeldet sind. Eine gute Bleibeperspektive ist nicht mehr Voraussetzung.

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