Ex-Militärchef zementiert seine Macht in Kairo

Das Parlament segnet die Verlängerung der Amtszeit von Präsident al-Sisi bis 2030 ab.
Das Parlament segnet die Verlängerung der Amtszeit von Präsident al-Sisi bis 2030 ab.APA/AFP/ISSOUF SANOGO
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Das Parlament segnet die Verlängerung der Amtszeit von Präsident al-Sisi bis 2030 ab – und die Rolle der Militärs in der Politik. Nun entscheidet das Volk in einem Referendum über Ostern darüber. Widerstand ist rar.

Kairo. Während die Algerier und die Sudanesen ihre Langzeitherrscher Abdelaziz Bouteflika und Omar al-Bashir gestürzt haben, zementiert in Ägypten Präsident und Ex-Militärchef Abdel Fatah al-Sisi seine Macht. Erwartungsgemäß hat das Parlament in Kairo eine Verfassungsänderung abgesegnet, laut der al-Sisi bis 2030 weiterregieren kann. Außerdem hebt der Entwurf die Militärs in der ägyptischen Politik in den Verfassungsrang. Es fehlt nur noch die Zustimmung durch ein Referendum über Ostern. Das Volk hat das letzte Wort – eine Formsache.

„Wir brauchen Stabilität, wir müssen einen neuen Staat aufbauen. Deswegen muss die Amtszeit des Präsidenten auf sechs Jahre verlängert werden. Die Mehrheit des Volkes ist für Stabilität und für den Präsidenten“, sagt der Parlamentsabgeordnete John Talaat. „Auf eindringlichen Wunsch der Straße“, wie er im Gespräch mit der „Presse“ behauptet, habe er den Verfassungsentwurf im Abgeordnetenhaus eingebracht.

Der Versuch einer Onlinekampagne gegen die Verfassungsänderung wurde im Keim erstickt, nachdem eine Viertelmillion Unterschriften gesammelt worden waren. Um gegenzusteuern, wurden kurzerhand 34.000 Webseiten von den Behörden blockiert. Nur wenige wagen es, sich öffentlich gegen eine Verfassungsänderung auszusprechen – wie Khaled Daoud, Journalist und Mitglied der oppositionellen Destour-Partei.

Kopie der Ära Nasser

„Das ist eine Kopie des Systems, unter dem wir 60 Jahre lang gelitten haben – eine Rückkehr in eine Ära, in der ein Präsident so lang im Amt blieb, bis er starb, wie bei Nasser, oder bis er umgebracht wurde, wie Sadat. Oder von einer Revolution nach 30 Jahren zu Fall gebracht wurde, wie bei Mubarak“, sagt Daoud. Das Argument, wonach ein Präsident eine längere Amtszeit brauche, um Projekte zu beenden und Stabilität zu gewährleisten, lässt er nicht gelten. Genau dies müssten funktionierende Institutionen sicherstellen. Einen Staat als Ein-Mann-Show sieht er als Zeichen von Schwäche an.

„Das Regime hat nicht nur nichts aus dem Aufstand gegen Mubarak gelernt. Es zieht auch keine Lehren aus dem, was in Algerien und dem Sudan passiert“, kritisiert Daoud. Talaat widerspricht: „Unsere Nachbarn beneiden uns um unsere Stabilität.“

In Algerien und im Sudan wissen die Aktivisten, dass es nicht ausreicht, den Kopf des Regimes auszuwechseln. Sie warnen vor dem ägyptischen Szenario. „Vor acht Jahren wurden die Demonstranten vom Tahrir-Platz vertrieben, bis heute ist ihnen die Rückkehr verwehrt. Wenn wir unsere Position aufgeben, können wir davon ausgehen, dass die Revolution scheitert“, erklärt der Demonstrant Banka Yakub Moussa in Khartoum gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters.

Für Khaled Daoud, der selbst auf dem Tahrir-Platz gestanden ist, sind die Erfahrungen bitter. „Die Demonstranten im Sudan skandieren: Entweder Sieg oder Ägypten. Entweder der Sudan erlebt einen demokratischen Wandel – oder die Sudanesen enden wie wir in Ägypten, mit einem Präsidenten, der alles allein entscheidet. Wir sind das abschreckende Beispiel für sie.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.04.2019)

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