Sri Lanka: Spur führt zu Islamisten

Crime scene officials inspect the site of a bomb blast inside St Sebastian´s Church in Negombo
Crime scene officials inspect the site of a bomb blast inside St Sebastian´s Church in Negombo(c) REUTERS (Stringer .)
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Nach den verheerenden Anschlägen auf drei Kirchen und drei Hotels nannte die Regierung die Islamistengruppe NTJ als Verantwortliche für das Blutbad. 310 Menschen starben.

Colombo. Die verheerenden Attentate haben Sri Lanka ins Mark getroffen. Während am Montag im ganzen Land Trauer und Entsetzen über das Blutbad herrschte, das Terroristen am Ostersonntag angerichtet hatten, fahndeten die Sicherheitskräfte fieberhaft nach den Drahtziehern der Attentate. Die Terroristen hatten am Ostersonntag Kirchen und Hotels angegriffen und dabei mindestens 310 Menschen ermordet und rund 500 verletzt. Am Tag nach der Katastrophe stand das öffentliche Leben in der Hauptstadt Colombo still. Die meisten Geschäfte waren geschlossen, Schulen und Unis ebenso, öffentliche Veranstaltungen wurden abgesagt. Von den Stromleitungen hingen viele kleine schwarze und weiße Fahnen – ein Ausdruck der Trauer in Sri Lanka. Die Straßen waren größtenteils leer.

Die Regierung des Inselstaates gab am Montag bekannt, dass sie die Islamistengruppe National Thowheeth Jama'ath (NTJ) für die Anschläge verantwortlich mache. Zum ersten Mal trat die NTJ im Dezember öffentlich in Erscheinung. Damals wurden die Extremisten der Beschädigung buddhistischer Statuen im Bezirk Kegalle verdächtigt. Der Fall sorgte für einen Aufschrei unter der mehrheitlich buddhistischen Bevölkerung Sri Lankas.

Warnung des Polizeichefs

NTJ-Anführer Abdul Razik wurde bereits vor den Anschlägen mehrmals inhaftiert: wegen der Anstachelung zu religiösen Unruhen. Nach einem Vorfall im Jahr 2016 hatte der Chef der radikalen Buddhistengruppe BSS vor einem Blutbad gewarnt, sollte Razik nicht bald ins Gefängnis kommen.

Die Zerstörung der Statuen war ein weiteres Anzeichen für die Radikalisierung der NTJ. Im Jänner entdeckten Sicherheitskräfte dann 100 Kilogramm hochexplosiven Sprengstoffs in der Nähe eines abgelegenen Wildparks. Zwar wurde keine spezifische Gruppe in diesem Zusammenhang genannt. Allerdings verkündeten die Behörden später die Festnahme von vier radikalen Muslimen.

Die jetzigen Attentate dürften nicht völlig überraschend kommen. In Sri Lanka kursieren Meldungen, dass der Polizeichef des Landes bereits einem Schreiben vom 11. April führende Sicherheitsbehörden vor Anschlagsplänen der NTJ gewarnt habe. In dem Schreiben sei darauf hingewiesen worden, dass Kirchen sowie die indische Botschaft in der Hauptstadt Colombo ins Visier von Selbstmordattentätern geraten könnten. Daraufhin seien zwar die Sicherheitsmaßnahmen im Umfeld der Kirche verstärkt und etwa Autos kontrolliert worden. Da die Warnungen aber nicht besonders präzise gewesen seien, hätten einige Kirchen keine ausreichenden Vorkehrungen ergriffen.

„internationale Terrorgruppen“

Sri Lankas Regierung geht zudem davon aus, dass die Islamisten der NTJ Hilfe aus dem Ausland erhalten haben. „Wir glauben nicht, dass eine kleine Organisation in diesem Land all das alleine machen kann“, sagte Regierungssprecher Rajitha Senaratne. Nach Angaben des Präsidialamts hatten Geheimdienste darauf hingewiesen, dass „internationale Terrorgruppen hinter einheimischen Terroristen“ stünden.

Auch das Soufan Center in New York, das weltweite Sicherheitsbedrohungen analysiert, zieht Verbindungen zum internationalen Jihad. Die Anschläge in Sri Lanka wiesen alle „Markenzeichen“ früherer Angriffe auf, bei denen lokale Islamisten aus dem Ausland unterstützt wurden. So habe das Terrornetzwerk al-Qaida bei den Anschlägen in Indonesien zu Weihnachten im Jahr 2000 mit einer einheimischen Gruppe zusammengearbeitet.

Die Regierung in Colombo rief den Notstand aus. Am zentralen Busbahnhof in Colombo entdeckte die Polizei am Montag 87 Zünder für Bomben. In der Hauptstadt detonierte zudem einem Reuters-Reporter zufolge eine Autobombe, als Experten versuchten, den Sprengsatz zu entschärfen. Das Fahrzeug stand ganz in der Nähe einer Kirche, die am Sonntag Ziel der Anschläge war.

Bombe nahe der Abflughalle

Zunächst wurden nach Angaben der Behörden mindestens 24 Verdächtige festgenommen. Dabei handele es um Staatsangehörige Sri Lankas. Ermittlern zufolge waren an den Anschlägen auf drei Kirchen und vier Hotels insgesamt sieben Selbstmordattentäter beteiligt.

Am Sonntag wurde zudem im Flughafen von Colombo ein Sprengsatz entdeckt, als das Gelände für die Rückkehr von Präsident Sirisena gesichert wurde. Die Bombe sei in der Nähe der Abflughalle gefunden und gezielt gesprengt worden. (APA/dpa/Reuters)

Die Anschläge

Am Ostersonntag wurden in Sri Lanka sechs Anschläge verübt. Mindestens 290 Menschen starben, über 500 wurden verletzt. Ziele waren drei Kirchen – die katholische Kirche St. Antonius in der Hauptstadt Colombo, die katholische Kirche St. Sebastian im Fischer- und Badeort Negombo und die evangelikale Zionskirche in Batticaloa – und drei Luxushotels: Cinnamon Grand, Shangri-La, Kingsbury.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.04.2019)

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