Burkina Faso: Angriff auf Kirche vor Besuch Merkels

Drei Tage vor der Visite der deutschen Bundeskanzlerin Merkel in Westafrika wirft die tödliche Attacke ein Schlaglicht auf das Terrorismusproblem des Landes.

Ouagadougou/Wien. Die Angreifer rasten auf Motorrädern heran – just gegen 13 Uhr, als die Gläubigen die protestantische Kirche nach dem Gottesdienst verließen. Sie schossen in die Luft, bevor sie das Feuer auf die Kirchgänger eröffneten. Der Pfarrer, zwei seiner Söhne und drei weitere Menschen starben. Zwei Personen gelten als vermisst.

Silgadij, Burkina Faso. Die kleine Stadt im Norden des westafrikanischen Landes, rund 60 Kilometer von der Provinzhauptstadt Djibo entfernt, ist am Sonntag Ziel eines mutmaßlichen Terrorangriffs geworden. Zum ersten Mal seit Beginn der Terrorattacken in Burkina Faso vor vier Jahren ist eine christliche Kirche ins Visier geraten. Zwar sind die Details noch unklar. Zunächst reklamierte niemand den Angriff für sich, was nichts Ungewöhnliches ist, da es dort nur in einem von zehn Fällen ein Bekenntnis gibt. Doch in der nördlichen Provinz Soum an der Grenze zu Mali operieren mehrere islamistische Gruppen, allen voran die Jihadistengruppe Ansarul Islam.

Der Angriff vom Sonntag wirft daher ein Schlaglicht auf die Gefahr des islamistischen Terrorismus, der das Land zunehmend destabilisiert – drei Tage, bevor die deutsche Kanzlerin in der Region erwartet wird. Angela Merkel wird neben Burkina Faso auch dessen Nachbarländer Mali und Niger besuchen. Deutschland unterstützt die drei Staaten im Kampf gegen den Terrorismus. Außenminister Heiko Maas hatte Burkina Faso dafür erst im Februar 46 Millionen Euro zugesagt. In Mali sind auch deutsche Soldaten im Einsatz.

Viermal so viele Anschläge

Burkina Faso, dessen Name „Land der Aufrechten“ bedeutet, galt lange als Stabilitätsanker in einer von Jihadisten bedrängten Region. Seit 2015 hat sich extremistische Gewalt von der Provinz Soum aus aber auch dort ausgebreitet, vor allem im lang vernachlässigten Norden und Osten des Landes. In den Fokus der internationalen Öffentlichkeit geriet das Problem im Jänner 2016, als Terroristen der al-Qaida im Islamischen Maghreb in Ouagadougou ein Hotel angriffen und 30 Menschen töteten – die erste von drei großen Attacken in der Hauptstadt. Seit 2017 hat sich die Zahl der extremistischen Angriffe vervierfacht. Allein im vergangenen Jahr wurden 136 Anschläge dokumentiert. Wegen der Unsicherheit gilt mittlerweile in 14 von 45 Provinzen der Notstand.

Der Terrorismus wird auch durch die Lebensbedingungen befördert: Burkina Faso ist eines der ärmsten Länder der Welt. Von den 20 Millionen Einwohnern leben 40 Prozent unter der Armutsgrenze. Eine Million Menschen sind laut UN auf Nothilfe angewiesen.

Um dem Erstarken der Islamisten Einhalt zu gebieten, hat Burkina Faso zusammen mit Mali, Niger, Tschad und Mauretanien eine Anti-Terror-Allianz (G5) gegründet – bisher allerdings ohne großen Erfolg. So gingen die Truppen der G5 trotz zunehmender Angriffe in den Grenzgebieten im vergangenen Jahr kein einziges Mal gemeinsam gegen die Terrorgruppen vor. (raa)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.04.2019)

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