USA: Inszenierter Wutausbruch Trumps

Trumps Zahlenwerk. Bei einer Pressekonferenz im Rosengarten des Weißen Hauses präsentierte der Präsident seine Sicht.
Trumps Zahlenwerk. Bei einer Pressekonferenz im Rosengarten des Weißen Hauses präsentierte der Präsident seine Sicht.(c) APA/AFP/JIM WATSON
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Der Präsident ließ eine Verhandlungsrunde mit den Demokraten über Infrastrukturprojekte platzen. Die Untersuchungen im Kongress über sein Finanzgebaren reizen ihn bis aufs Blut.

Wien/Washington. Die Kulisse für die angeblich improvisierte Pressekonferenz im Rosengarten des Weißen Hauses war rasch aufgebaut, die Bühne für den inszenierten Wutausbruch des Präsidenten bereitet. Donald Trump hatte im Fernsehen zuvor das Statement Nancy Pelosis im Kongress verfolgt, in dem die demokratische Vorsitzende des Repräsentantenhauses dem Präsidenten Vertuschungsmanöver angesichts parlamentarischer Untersuchungsausschüsse vorwarf.

Trump war erbost. Doch er ließ seinem Unmut nicht wie üblich via Twitter aus. Eine Stunde später waren die Kongressführer im Cabinet Room des Weißen Hauses zu einer Sitzung mit dem Präsidenten geladen, um über ein Infrastrukturprojekt im Ausmaß von zwei Billionen Dollar zu verhandeln – über die überfällige Sanierung und den Bau von Straßen, Brücken und Kabelnetzen. Es ist eines der wenigen Vorhaben, bei dem Konsens zwischen Republikanern und Demokraten besteht. Allerdings hat sich bisher kein Erfolg eingestellt – und er blieb auch am Mittwoch aus, weil Trump die Sitzung platzen ließ, die kaum fünf Minuten dauern sollte.

Stillstand im Kongress

Donald Trump ließ die Gäste zunächst eine Viertelstunde warten, nahm dann nicht einmal Platz, hielt im Stehen einen kurzen Monolog und stürmte erzürnt aus dem Raum, um seine Pressekonferenz abzuhalten. Es war bereits das zweite Mal nach den Gesprächen über den Finanznotstand der Regierung zu Beginn des Jahres, dass er die demokratische Führung abrupt sitzen ließ.

Er werde erst dann wieder an den Verhandlungstisch zurückkehren, wenn die Demokraten ihre „fabrizierten“ Untersuchungen stoppen würden, ließ er ihnen ausrichten. Sie konterten, der Präsident wolle darüber hinwegtäuschen, dass es an der Finanzierung für das Infrastrukturpaket fehle. Die parlamentarische Arbeit in den USA steuert auf einen Stillstand zu – umso mehr, als demnächst der Wahlkampf voll einsetzen wird.
Das Herumgestochere der Opposition in seinen diversen Affären reizt den Präsidenten. Doch er setzt darauf, dass die Geduld der Amerikaner mit dem Hickhack in Washington nach Ende der Mueller-Ermittlungen erschöpft ist. Denn der Rechtsstreit zwischen dem Weißen Haus und den Demokraten dürfte sich noch länger hinziehen.

Dass mehrere Ausschüsse des Repräsentantenhauses, in dem die Opposition das Sagen hat, eine ganze Reihe von hochrangigen aktuellen und ehemaligen Mitarbeitern der Regierung zu Hearings vorgeladen hat, nährt Trumps Ärger. Justizminister William Barr, der frühere Rechtsberater Donald McGahn oder Ex-Kommunikationschefin Hope Hicks sind bisher nicht im Kongress erschienen. Trump ordnete an, den Vorladungen nicht Folge zu leisten. Zudem erklärten jüngst zwei Gerichte, Trump dürfe die Herausgabe von Finanzunterlagen zweier Banken und seine Steuererklärungen nicht verweigern – gegen die er sich mit Händen und Füßen sträubt.

Bei der Pressekonferenz im Rosengarten war das Rednerpult mit – teilweise falschen – Zahlen über die Untersuchungen des Sonderermittlers Robert Mueller in der sogenannten Russland-Affäre drapiert. So verschlangen die Ermittlungen 25 Millionen Dollar statt der angegebenen 35 Mio. Dollar. In Balkenlettern prangte zwei Mal „No“: „Keine Verschwörung, keine Behinderung.“ Es ist Trumps Resümee des Mueller-Reports und sein Mantra, das im Wahlkampf landauf und landab ertönen wird. Für ihn ist die Affäre ein für alle Male abgeschlossen, für seine Gegner nicht.

Rufe nach Impeachment

In Rage gebracht hat Trump, wie er sagte, insbesondere das „I-Wort“ in den Hallen des Kapitols, das für Impeachment steht – für ein Amtsenthebungsverfahren des Präsidenten. Es bringt indes vorerst seine Gegenspielerin Pelosi in die Bredouille. Denn in der demokratischen Fraktion mehren sich die Rufe nach der Einleitung eines solchen langwierigen Prozesses. Rund zwei Dutzend demokratische Abgeordnete – und ein republikanischer – plädieren für ein Impeachment.

Nancy Pelosi mahnt die Demokraten zur Zurückhaltung. Sie weiß, dass ein Amtsenthebungsverfahren nach Lage der Dinge keine Chance hat – und dass die Diskussion darüber im Wahlkampf nach hinten losgehen könnte. Alexandria Ocasio-Cortez, mit 29 Jahren jüngste Kongressabgeordnete und Galionsfigur der Linken, brachte das Dilemma auf den Punkt: Eine Zweidrittelmehrheit im Senat sei in weiter Ferne.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.05.2019)

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