Chef der rumänischen Sozialdemokraten muss in Haft

Liviu Dragnea muss vermutlich die Macht in seiner Partei abgeben.
Liviu Dragnea muss vermutlich die Macht in seiner Partei abgeben.APA/AFP/DANIEL MIHAILESCU
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Das Gericht lehnt die Berufung ab. Der Chef der Regierungspartei soll Parteimitarbeiterinnen Jobs in Stadtverwaltungen verschafft haben.

Ein Berufungsgericht in Rumänien hat die Haftstrafe für den Chef der regierenden Sozialdemokraten in einer Scheinbeschäftigungsaffäre bestätigt. Das Oberste Gericht wies die Berufung von Liviu Dragnea am Montag zurück. Dragnea war im Juni 2018 zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Er war deshalt nie aktiv Teil der Regierung gilt aber als mächtiger Einflüsterer und Strippenzieher von Premierministerin Viorica Dăncilă.

Der Grund war, dass er zwei Frauen, die eigentlich für seine Partei arbeiteten, Stellen bei der Stadtverwaltung in seinem Wahlkreis verschafft hatte.

Verluste bei EU-Wahl

Die Sozialdemokraten (PSD) haben bei der Europawahl deutlich verloren. Die Partei unter dem Vorsitz des vorbestraften Dragnea kam auf 23,39 Prozent der Stimmen, wie die zentrale Wahlbehörde in Bukarest am Montag nach Auszählung fast aller Stimmzettel mitteilte. Drei miteinander konkurrierende Oppositionsparteien erreichten zusammen 54,8 Prozent.

Die bürgerliche Partei PNL liegt mit 26,8 Prozent vorne, gefolgt vom öko-bürgerlichen Bündnis USR-Plus mit 21,39 Prozent. Die linke Oppositionspartei Pro Romania des früheren Ministerpräsidenten Victor Ponta kam auf 6,61 Prozent.

Beobachter rechnen nun damit, dass Dragnea von eigenen Parteifreunden gestürzt wird. Auf Dragneas Betreiben hat Rumänien Justizgesetze geändert, die nach Ansicht von Kritikern - darunter die EU - korruptionsverdächtigen Politikern helfen.

Probleme bei Stimmabgabe in Österreich

Bei der Europawahl ist die Geduld vieler Auslandsrumänen in Salzburg am Sonntag aufs Äußerste strapaziert worden. Vor dem Honorarkonsulat im Stadtteil Parsch haben sich Sonntag lange Schlangen gebildet. Zwei Stunden vor dem Wahlschluss um 21 Uhr warteten immer noch Hunderte Menschen auf Einlass. Viele äußerten dabei die Sorge, ihre Stimme nicht mehr abgeben zu können.

"Vrem sa votam" - Wir wollen wählen - skandierten einzelne Wartende immer wieder. Offenbar war am späten Nachmittag auch die Polizei beigezogen worden, um Ordnung in den engen und überfüllten Gängen des Gebäudes herzustellen. Wähler wurden dann nur mehr blockweise eingelassen.

Während einzelne Wartende den Behörden Willkür vorwarfen, waren andere "nur" verärgert, weil es viel zu langsam voran ging und es zu wenige Informationen gab. "Etwas Ähnliches ist auch 2014 bei den Präsidentschaftswahlen schon passiert. Aber offenbar hat man nicht daraus gelernt und sich entsprechend auf den Wahltag vorbereitet", sagte ein Mann der Austria Presse Agentur. Viele Rumänen seien eigens aus Tirol und Vorarlberg angereist, um im Konsulat wählen zu können.

Auch vor dem Konsulat in Wien war der Andrang am Sonntagnachmittag groß. Viele Menschen warteten vor der rumänischen Vertretung, um ihre Stimme abzugeben. Aber die Situation sei ruhig, wie Polizei auf Anfrage mitteilte. Auch in anderen europäischen Städten bildeten sich Schlangen vor den rumänischen Konsulaten.

Rumänen stimmen für harten Antikorruptionskurs

Die Rumänen haben bei einem Referendum am Wochenende außerdem mit überwältigender Mehrheit dafür gestimmt, dass korrupte Amtspersonen konsequent bestraft werden. Außerdem soll die Regierung nicht mehr nach Gutdünken Justizgesetze zugunsten von Korruptionsverdächtigen ändern. Rund 89 Prozent der Wähler sprachen sich für die Anträge aus, wie das zentrale Wahlbüro in Bukarest am Montag mitteilte.

Allerdings ist das Referendum, das am Sonntag parallel zur Europawahl abgehalten wurde, nicht rechtsverbindlich. Dennoch begrüßte Staatspräsident Klaus Johannis, Initiator der Volksbefragung, das Ergebnis: "Ab heute beginnt die Wende zum Guten in Rumänien".

Das EU-Land Rumänien ist mehrfach von Brüssel für Versuche kritisiert worden, das Korruptionsstrafrecht zu lockern, beispielsweise per Eilverordnung der Regierung. Eilverordnungen treten sofort in Kraft. Sie können zwar nachher vom Parlament zurückgenommen werden, aber in der Praxis haben sie laut Strafrecht kaum anfechtbare juristische Folgen. Denn Straftäter müssen stets aufgrund des zum Tatzeitpunkt geltenden, für sie günstigeren Gesetzes verurteilt werden. Vor allem der vorbestrafte Parteichef der mitregierenden Sozialdemokraten (PSD), Liviu Dragnea, agierte als treibende Kraft hinter den von der EU kritisierten Justizänderungen.

Die Rumänen konnten bei dem Referendum wählen, ob sie für ein Verbot der Begnadigung und Amnestie bei Korruptionsdelikten sind. Die zweite Frage lautete, ob man für ein Verbot von Änderungen der Justizgesetze per Eilverordnung - also am Parlament vorbei - sei und ob die Möglichkeiten von Verfassungsklagen ausgeweitet werden sollen. Auf beide Fragen antworteten jeweils 6,3 Millionen Rumänen mit Ja und jeweils gut eine Million mit Nein.

(APA/AFP)

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