Die Demonstrationen gegen das geplante Sicherheitsgesetz eskalieren. Während Peking Einfluss aus dem Ausland wittert, fürchten die Hongkonger um ihre Identität.
Hongkong/Wien. „Es liegt in ihrer DNA“, gab sich die in Hongkong ansässige „South China Morning Post“ kämpferisch. Warum sonst wären am Sonntag und Mittwoch Massen gegen das geplante Sicherheitsgesetz auf die Straße gegangen, „um ihre Freiheiten auszuüben“, „um eine Botschaft zu senden“, fragte das Blatt – obwohl eine Mehrheit nicht daran glaube, die Regierung der chinesischen Sonderverwaltungszone noch umstimmen zu können.
Damit spielte die Zeitung auf Proteste im Jahr 2003 an. Massendemonstrationen hatten die Verwaltung gezwungen, eine geplante Gesetzesänderung zu kippen. Eine halbe Million Menschen hatte sich zwischen den glitzernden Hochhäusern der Finanzmetropole versammelt, um einen Passus im sogenannten Basic Law, der Hongkonger Mini-Verfassung, zu verhindern: Damit hätte sich Hongkong verpflichtet, „Verrat“ an der Zentralregierung zu ahnden, ebenso wie „Unterwanderung“ und „Abspaltung“.
Anhörung wegen Protesten verschoben
Auch heute geht es den Demonstranten der ehemaligen britischen Kronkolonie um das Verhältnis zum Festland. Angst vor dem wachsenden politischen Einfluss von Chinas Führung unter Xi Jinping, Wut über die Peking-freundliche Regierungschefin Carrie Lam, die die Proteste als „Aufruhr“ kritisierte, und Stolz auf die Hongkonger Identität treibt sie auf die Straßen. Hongkong soll „nicht einfach eine weitere chinesische Großstadt werden“: Die Protestteilnehmer wollen verhindern, dass ein Anlassfall den autoritären Griff Chinas um die Sieben-Millionen-Metropole verstärkt.