Äthiopiens Armeechef und Regionalpräsident bei Angriffen getötet

Regierungschef Abyi Ahmed
Regierungschef Abyi Ahmed APA/AFP/Ethiopian TV/HO
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Stunden nach einem Putschversuch in der Region Amhara wurde bei einem Attentat ein General getötet.

Ein mutmaßlicher Putschversuch in der Region Amhara bringt den äthiopischen Regierungschef Abyi Ahmed in Bedrängnis: Nach Angaben seiner Sprecherin wurde am Samstag bei einem bewaffneten Angriff auf ein Treffen führender Regionalpolitiker der Präsident Amharas, Ambachew Mekonnen, getötet. Stunden später wurde Generalstabschef Seare Mekonnen in Addis Abeba von seinem Leibwächter erschossen.

Die Regierung sieht einen Zusammenhang zwischen den Taten, doch blieben die Hintergründe zunächst unklar. Abyis Büro sprach am Sonntag auf Twitter von einem "versuchten organisierten Staatsstreich auf die Regionalregierung von Amhara". Dabei seien Regionalpräsident Ambachew und einer seiner Berater von einem bewaffneten Kommando getötet sowie ein weiterer ranghoher Vertreter schwer verletzt worden. Angeführt wurde das Kommando demnach von Amharas Sicherheitschef Asaminew Tsige.

Stunden später sei Generalstabschef Seare "im Zusammenhang mit dem Putschversuch" von seinem Leibwächter in seiner Residenz in Addis Abeba erschossen worden. Auch ein pensionierter General, der Seare in seinem Haus besuchte, fiel demnach dem Attentat zum Opfer.

Regierung: „Lage völlig unter Kontrolle"

Laut der Erklärung wurden der Leibwächter sowie zahlreiche Angreifer in Amhara festgenommen. Ein Teil des bewaffneten Kommandos sei dort aber noch auf der Flucht. Anderen Quellen zufolge konnte auch Sicherheitschef Asaminew entkommen. Der General war erst 2018 freigekommen; zuvor saß er wegen angeblicher Putschpläne einer bewaffneten Oppositionsgruppe in Haft.

Der Regierung zufolge war die Lage in Amhara am Sonntag wieder "völlig unter Kontrolle", die Regierung werde derzeit übergangsweise vom Vizepräsidenten geführt. Allerdings ließen sich die Angaben nur schwer überprüfen, da das Internet seit Samstag völlig abgeschaltet war. Ein Journalist aus der Regionalhauptstadt Bahir Dar sprach von einer "Geisterstadt". Zuvor hatte er von Schüssen bis spät in die Nacht berichtet. Auch die US-Botschaft hatte in der Nacht vor Schüssen in Amhara und Addis Abeba gewarnt.

Nach Einschätzung von Experten stehen die Angriffe für die politische Krise in dem nordostafrikanischen Land. Seit er im April 2018 an die Regierung kam, brach Abiy mit der autoritären Politik seiner Vorgänger: Er leitete eine Liberalisierung der Wirtschaft ein, ließ politische Gefangene frei, erlaubte Rebellengruppen die Rückkehr ins Land und ließ dutzende Vertreter aus Militär und Geheimdienst wegen mutmaßlicher Menschenrechtsverstöße festnehmen. Zudem schloss er nach zwei Jahrzehnten Frieden mit dem Nachbarland Eritrea.

Mehr ethnische Konflikte

Bei Hardlinern seiner im Land weitgehend ungeliebten Regierungspartei EPDRF und innerhalb der Sicherheitskräfte dürfte Abiy sich mit seinen Reformen allerdings einige Feinde geschaffen haben. Auch nahmen seit seinem Amtsantritt die ethnischen Konflikte innerhalb des Vielvölkerstaats deutlich zu. Das Außenministerium rät daher schon seit längerem davor, betroffene Gebiete zu meiden. Für Amhara sowie die Regionen Oromia, das Gebiet Konso und die Grenzgebiete zum Südsudan und Sudan sowie zu Kenia gelte ein "hohes Sicherheitsrisiko" (Stufe 3), heißt es in den seit Anfang Juni gültigen Reisehinweisen.

Mit über 100 Millionen Einwohnern ist Äthiopien nach Nigeria das bevölkerungsreichste Land Afrikas, Amhara gehört zu den neun autonomen Regionen des Landes. Das Land legte in jüngster Zeit ein rasantes Wirtschaftswachstum hin, zählt aber immer noch zu den ärmsten Ländern der Welt.

Im vergangenen Dezember hatte der damalige Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) das Land besucht, wobei er von Regierungschef Abiy betont freundlich empfangen wurde. Dieser nannte Österreich als einen der "ältesten Freunde" Äthiopiens und sprach Kurz mehrmals als seinen "Bruder" an. Kurz war der erste österreichische Regierungschef überhaupt, der Äthiopien seit Aufnahme der diplomatischen Beziehungen vor über 100 Jahren besuchte.

(APA/AFP/dpa)

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