Mit der Wahl des Oppositionspolitikers Imamoğlu zum Bürgermeister gerät Präsident Erdoğan in die Defensive.
Istanbul. Mehmet lächelt breit über das ganze Gesicht. „Schluss mit dem Sultanat“, sagt der Imbissverkäufer in der Istanbuler Innenstadt. „Die Bauern haben die Nase voll, die Normalbürger und die Kleinhändler auch.“ Der Sieg des Oppositionspolitikers Ekrem Imamoğlu bei der Wiederholung der Bürgermeisterwahl am Bosporus hat einen Neubeginn eingeleitet, auf den viele Menschen in der 16-Millionen-Metropole und in der ganzen Türkei gewartet haben. Imamoğlu steht für dieses Versprechen einer neuen Zeit. Doch mit Zuversicht allein ist es nicht getan – die Türkei ist nach wie vor ein tief gespaltenes Land.
„Wir wollen uns nicht mehr streiten, wir wollen unsere Träume wahr machen“, sagt ein Wahlhelfer der Opposition, der am Wahltag die Stimmenauszählung in einem Istanbuler Wahllokal beobachtete und abends müde ins Bett fiel – und so die ausgelassenen Feiern in der Stadt verpasste. Hunderttausende tanzten auf den Straßen und fuhren mit Autokorsos durch die Straßen. „Alles wird gut“, riefen sie. Der Spruch war Imamoğlus Wahlslogan und ist jetzt in aller Munde.