„Papa, ich hab' Angst vor den Nazis“

In Tröglitz gab es 2015 Proteste gegen Flüchtlinge. Der damalige Ortschef wurde bedroht.
In Tröglitz gab es 2015 Proteste gegen Flüchtlinge. Der damalige Ortschef wurde bedroht.Sebastian Willnow / dpa / picturedesk.com
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Nach dem Mord an CDU-Mann Walter Lübcke ist die Angst vor Nazis zurück. Auch im Burgenlandkreis im ostdeutschen Sachsen-Anhalt, wo es rechtsextreme Netzwerke gibt. Besuch bei zwei Politikern, die Morddrohungen erhielten.

Die Fahrt zu Markus Nierth führt durch eine sanfte Hügellandschft in Sachsen-Anhalt. Ein paar Windräder drehen sich am Horizont. Links und rechts tauchen idyllische Dörfer auf – Kretzschau zum Beispiel. Im Flüchtlingsherbst 2015 ist hier die rechtsextreme NPD aufmarschiert. Einmal platzten die Demonstranten ins Friedensgebet in der Kirche. Die Flüchtlinge kamen trotzdem. Heute ist alles ruhig, sagt die Bürgermeisterin.

Ein paar Kilometer weiter liegt der 2800-Seelen-Ort Tröglitz, der gleichfalls freundlich-verschlafen wirkt. Bis man das Gebäude sieht, das als Flüchtlingsunterkunft geplant war und das im April 2015 Ziel eines Brandanschlags wurde. Markus Nierth, der ehrenamtliche Bürgermeister in Tröglitz, war da schon zurückgetreten, weil eine Demo, organisiert von einem NPD-Politiker, an seinem Haus vorbeiführen sollte.

Drohbriefe. Für Flüchtlinge setzte sich Nierth weiter ein. Und erhielt Morddrohungen. Die erste nahm er noch nicht ernst. Er fand sie „idiotisch“. „Ich sehe mich nun gezwungen, dich erschießen zu lassen“, stand in dem E-Mail. Absender: „Hermann Göring“. Es folgte der Brief des verbotenen Ku-Klux-Klans Deutschland, ein ganz offiziell daherkommendes Schreiben, in dem ihm seine Kreuzigung angekündigt wurde. Er sei eine „Schande für die weiße Rasse“. Irgendwann kam Post für seine Frau – ein A5-Umschlag. Sie öffnete ihn und griff in menschlichen Kot. Dazu die Botschaft: „Lügenpack Nierth, verzieht euch aus Tröglitz.“ Ein Dreiviertel Jahr hatten die Nierths Polizeischutz. 24 Stunden am Tag parkte ein Kleinbus vor dem Haus, zwei Beamte gingen auf Streife. „Solche Drohungen machen natürlich viel mit dir und deiner Familie“, sagt Nierth heute.

In den Jahren danach hat sich die Aufregung gelegt. Es gibt keine Probleme mit den wenigen Flüchtlingen, die dann doch in den Ort gekommen sind. „Viele Bäume, keine Leute“, fasst ein 20-jähriger Afghane seine Eindrücke von Tröglitz zusammen. Und die Nierths wurden im Ort seit den Tagen der Flüchtlingskrise zwar „gemobbt“. Aber bedroht wurden sie nicht mehr.

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