Ali Babacan tritt aus AKP aus: Kommt jetzt eine neue Partei?

Ali Babacan hatte schon viele Regierungsämter in der Türkei inne - nun hätten sich Gräben mit der Parteiführung der AKP aufgetan.
Ali Babacan hatte schon viele Regierungsämter in der Türkei inne - nun hätten sich Gräben mit der Parteiführung der AKP aufgetan.REUTERS
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Der Ex-Wirtschaftsminister, -Außenminister und -Vize-Ministerpräsident verlässt die Partei von Ministerpräsident Erdoğan. Prominente Mitstreiter und Ex-Erdoğan-Weggefährten stünden für eine neue bereit.

Es ist der nächste kleine Dämpfer für den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan. Nach den herben Verlusten bei den Kommunalwahlen ist nun auch ein prominentes Mitglied aus der AKP ausgetreten. Der frühere Wirtschaftsminister Ali Babacan habe am Montag ein entsprechendes Schriftstück an die Parteizentrale geschickt, meldeten zahlreiche Medien. Außerdem zitierten sie aus einem Brief an die Öffentlichkeit, den Babacan verbreitet haben soll. Darin schien er Gerüchte über eine neue Partei zu bestätigen.

Er habe lange hinter der Partei gestanden, schrieb Babacan demnach. Aber in den vergangenen Jahren hätten sich Gräben aufgetan zwischen den Grundsätzen, an die er glaube, und dem Vorgehen der Partei. "Verstandesmäßig und im Herzen habe ich eine Abgrenzung erlebt", hieß es. Es sei "unumgänglich geworden, neue Anstrengungen für Gegenwart und Zukunft der Türkei zu unternehmen". Er fühle dafür große Verantwortung. Es gehe auch darum, den Ruf des Landes zu verbessern. "Menschenrechte, Freiheiten, eine fortschrittliche Demokratie und Rechtshoheit sind unsere unerlässlichen Grundsätze."

Das Gerücht kursiert schon länger

In den vergangenen Monaten war immer wieder das Gerücht aufgetaucht, dass Babacan gemeinsam mit Ex-Präsident Abdullah Gül für eine neue Partei AKP-Mitglieder abwerben will, die mit Erdoğans zunehmend autoritärem Politikstil nicht einverstanden sind. Ähnliche Meldungen gab es auch um Ex-Ministerpräsident Ahmet Davutoğlu. Beobachter werteten die Unruhe in Erdogans Partei als Zeichen von Machtverlust.

Bei der regulären Kommunalwahl am 31. März hatte die AKP in vielen Großstädten an Zustimmung verloren. Hauptgrund war die schlechte wirtschaftliche Lage, andere reagierten auch auf Erdoğans aggressive Rhetorik. Der wichtigste Bürgermeisterposten des Landes in Istanbul fiel nicht nur im März, sondern auch bei der Wiederholung der Wahl am 23. Juni an den Oppositionskandidaten Ekrem İmamoğlu, der mit positiven und einenden Botschaften punktete.

Babacan, geboren 1967, war 2001 Gründungsmitglied der AKP. Von 2002 bis 2007 war er Wirtschaftsminister und genoss auch im Ausland Ansehen. Später wurde er Außenminister und Vize-Ministerpräsident. Er war auch Chefunterhändler für die Beitrittsverhandlungen mit der EU.

(APA/dpa)

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