Spanien droht schon wieder Neuwahl

Spaniens Premier Pedro Sánchez findet keine Unterstützung für eine Minderheitsregierung.
Spaniens Premier Pedro Sánchez findet keine Unterstützung für eine Minderheitsregierung. REUTERS
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Spaniens Premier Pedro Sánchez findet keine Unterstützung für eine Minderheitsregierung. Gibt es bis nächste Woche keine Lösung, muss gewählt werden.

Madrid. Seit nahezu drei Monaten versucht Spaniens geschäftsführender Regierungschef, der Sozialist Pedro Sánchez, eine Regierung zu bilden – bisher ohne Erfolg. Weder links noch rechts der Sozialistischen Partei findet Sánchez Unterstützung für seine angestrebte Minderheitsregierung. Wenn sich das nicht bald ändert, muss in Spanien demnächst schon wieder neu gewählt werden. Es wäre die vierte Parlamentswahl Mal in vier Jahren.

Das sind keine beruhigenden Aussichten. Weder für Spanien, wo seit Ende 2015 politische Blockaden im Parlament und schwache Minderheitsregierungen verschiedener Farben für Instabilität sorgen. Noch für Brüssel, wo der europafreundliche Sánchez als Hoffnungsträger gilt, der Spanien in den letzten zwölf Monaten wieder als Mittelmeermacht zurück auf die europäische Bühne brachte.

Kommende Woche, am 23. Juli, müssen die Abgeordneten einen neuen Regierungschef bestimmen: Der 47-jährige Sánchez, der im April die vorgezogene nationale Wahl mit 29 Prozent gewann, ist der einzige Kandidat. Doch nach heutigem Stand wird der Sozialist, dessen Partei nur 123 der insgesamt 350 Parlamentssitze hält, durchfallen. Im ersten Wahlgang bräuchte Sánchez die absolute Mehrheit, um als Ministerpräsident bestätigt zu werden. In einer zweiten Runde, 48 Stunden später, nur noch die einfache Mehrheit.

Aber die notwendige Mehrheit ist nicht in Sicht. An diesem Montag erklärte Sánchez die Verhandlungen mit der linken Partei Podemos (Wir können), die 42 Sitze im Parlament hat, für gescheitert. Sánchez warf Podemos-Chef Pablo Iglesias vor, mit Maximalforderungen die Zusammenarbeit torpediert zu haben. Sánchez geht davon aus, dass diese Linkspartei, die derzeit ihre Mitglieder zum weiteren Vorgehen befragt, in der kommende Woche gegen seine Kandidatur stimmen wird.

Das größte Hindernis in den Verhandlungen zwischen Sozialisten und Podemos war offenbar, dass der auch in den eigenen Reihen umstrittene Iglesias Minister oder sogar Vizepremier werden wollte. Ein Ansinnen, dass Sánchez wegen der „enormen Uneinigkeit“ mit Iglesias ablehnte. Iglesias gilt als ziemlich kompromissloser linker Fundamentalist, während Sánchez mit seinen sozialdemokratisch orientierten Sozialisten einen pragmatischen Kurs der Mitte anstrebt.

„Vaterlandsverräter“ Sánchez

Auch von den drei konservativen Oppositionsparteien kann Sánchez keine Hilfe erwarten: Die Volkspartei, die bürgerlich-liberale Plattform Ciudadanos (Bürger) und die neue rechtspopulistische Partei Vox lehnen jegliche Zusammenarbeit ab. Sie bezeichnen ihn als „Vaterlandsverräter“. Und zwar, weil Sánchez vor einem Jahr mithilfe der katalanischen Separatistenparteien per Misstrauensvotum gegen den früheren konservativen Ministerpräsidenten Mariano Rajoy an die Macht kam.

Wenn also nicht noch ein politisches Wunder eintritt und sich die nächsten Tage doch noch eine mehrheitsfähige politische Zusammenarbeit anbahnt, muss König Felipe die Bürger, voraussichtlich im Herbst, wieder an die Urnen rufen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.07.2019)

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