Trump baut auf Polarisierung: „Schickt sie zurück“

Donald Trump.
Donald Trump. (c) imago images / ZUMA Press (Travis Long)
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Der Präsident schürt die Ressentiments. Nach Hillary Clinton 2016 hat er vier junge demokratische Abgeordnete zum Feindbild erkoren, um die Demokraten als radikal links abzustempeln. Seine Anhänger jubeln.

Wien/Washington. Ihr Präsident in Boxerpose mit geballten Fäusten, der Wahlkampf als Boxkampf, Donald Trump in seinem Element als Volkstribun: So lieben ihn seine Anhänger. Die Halle in Greenville in North Carolina tobte, die Zuschauer, vielfach in roten Baseballkappen mit dem Trump-Slogan „Make America Great Again“, johlten. Es ist ein Déjà-vu-Effekt aus dem Wahlkampf 2016, als Trump seine Fans mit seinen Tiraden gegen Hillary Clinton, die „verbrecherische Hillary“, in Rage versetzt hat: „Lock her up“, „Sperrt sie ein“, hallte es damals als Echo zurück.

„Schick sie zurück“, lautet der neue Schlachtruf seiner Anhänger – und er gilt in erster Linie Ilhan Omar, der in Somalia geborenen Abgeordneten, und ihren drei Kolleginnen, die Trump zu seinen jüngsten Feindbildern erkoren hat. Neuerlich brachte er Omar fälschlicherweise mit dem Terrornetzwerk al-Qaida in Verbindung. Der Präsident hatte die Parole am Wochenende in einem Tweet getestet, als er den vier Parlamentarierinnen vom progressiven Flügel der Demokraten empfahl, doch in ihre Herkunftsländer zurückzugehen.

Dies brachte ihm den Vorwurf des Rassismus und einen offiziellen Rüffel des von den Demokraten kontrollierten Repräsentantenhaus ein, stieß in seiner Anhängerschaft aber auf große Resonanz. Die Abgeordneten – Ilhan Omar, Alexandria Ocasio-Cortez, Rashida Tlaib und Ayanna Pressley – gaben ihm indes in einer Pressekonferenz Paroli. Sie fordern sein Impeachment, doch eine Initiative zur Einleitung eines Amtsenthebungsverfahrens hat nicht einmal bei den Demokraten eine Mehrheit gefunden. Der Präsident lebt von der Polarisierung, und in Greenville hat er die Konfrontation auf die Spitze getrieben. Er schürte die Ressentiments. Fast ein Viertel seiner 90-minütigen Rede widmete er der vierköpfigen „Squad“, der „Riege“, zu der sich die Gruppe der Abgeordneten als Vorkämpferinnen für eine progressive Agenda stilisierte. Ocasio-Cortez beschreibt sich als „demokratische Sozialistin“, die vor vier Jahren Bernie Sanders unterstützt hat. Tlaib und Omar haben sich mit ihrer Israel-Kritik dem Vorwurf des Antisemitismus ausgesetzt.

„Love It Or Leave It“

Donald Trump schmähte sie jetzt als „gefährliche, militante, harte Linke“, die das Land permanent schlechtmachen würden. So wiegelte er das Auditorium auf, und es erinnerte an einen Slogan aus dem Wahlkampf Richard Nixons 1972: „Love It Or Leave It.“ Er donnerte: „Eine Stimme für einen Demokraten bei der Wahl 2020 ist eine Stimme für den Aufstieg des radikalen Sozialismus und die Zerstörung des amerikanischen Traums, die Zerstörung unseres Landes.“

Die „Squad“ setzte sich zur Wehr. Prompt schlugen sich die Präsidentschaftskandidaten der Demokraten für ihre Kolleginnen in die Bresche. Kamala Harris, die Ex-Staatsanwältin, sendete eine harsche Anklage aus: „Das ist widerlich, feig, fremdenfeindlich, rassistisch.“ Das American Jewish Committee sah sich an finstere Zeiten erinnert, und auch mehrere republikanische Senatoren distanzierten sich von Trump.

Doch Trumps Strategie ist klar: Er versucht, die vier linken Abgeordneten als das Gesicht der Demokraten zu porträtieren und so die ganze Partei zu punzieren. Ein Linksdrall der Opposition, so sein Kalkül, könnte ihm die Wechselwähler in den Swing States des „Rostgürtels“ in die Arme treiben.

Republikanische Parteistrategen warnen davor, dass die Strategie auch ins Auge gehen könnte. Bei der Kongresswahl im vorigen November hat Trumps Fokussierung auf Migration und die Angstpropaganda vor einer „Invasion“ moderate Republikaner eher abgeschreckt und den Demokraten zur Eroberung des Repräsentantenhauses verholfen. Trumps Wahlkampfberater drängen ihn, Erfolge wie die florierende Wirtschaft stärker herauszustreichen – bisher ziemlich erfolglos. Donald Trump blüht vor allem als Spalter auf.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.07.2019)

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