Keine Mueller-Kür, nur Pflicht

Beim Hearing im Kongress verweigerte sich Ex-Sonderermittler Robert Mueller der Parteinahme.
Beim Hearing im Kongress verweigerte sich Ex-Sonderermittler Robert Mueller der Parteinahme.APA/AFP/SAUL LOEB
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Beim Hearing im Kongress verweigerte sich Ex-Sonderermittler Robert Mueller der Parteinahme. In seinen Antworten gab er lakonisch Auskunft – genug für Wahlkampf-Clips.

Wien/Washington. Alles war generalstabsmäßig durchexerziert. Robert Mueller, der frühere FBI-Chef und Sonderermittler in der Russland-Affäre, hatte die Fragen durchgespielt, die auf ihn im Justiz- und Geheimdienstausschuss des Repräsentantenhauses einprasselten. Und die demokratischen wie die republikanischen Abgeordneten feilten in Probeläufen an ihrer Fragetechnik – die einen, um ihm enthüllende Aussagen gegen die Trump-Regierung zu entlocken, und die anderen, um den Präsidenten zu entlasten.

Zu Beginn des mehr als fünfstündigen Hearings im holzgetäfelten Sitzungssaal des Rayburn House am Kapitol hob Mueller die Hand zum Schwur, wie dies der Ex-Staatsanwalt und bald 75-jährige Karrierejurist bereits Dutzende Male zuvor getan hatte – nicht zuletzt bei den Untersuchungen zum 9/11-Terror in diversen Kongressausschüssen.
Zur großen Hearing-Show taugte Mueller indessen nicht. Nur widerwillig hatte der Vietnam-Veteran und registrierte Republikaner der Vorladung ins Parlament Folge geleistet. Alles sei gesagt, so lautete sein Tenor nach der Veröffentlichung des 448-seitigen Abschlussberichts nach fast zweijährigen Ermittlungen und nach einem neunminütigen Statement im Justizministerium vor zwei Monaten. Eine Aussage im Kongress würde nicht darüber hinausgehen, sagte er als Vorwarnung vor allem an die Demokraten und die Trump-Gegner, die Mueller in der Darstellung Robert De Niros in der Satireshow „Saturday Night Live“ zu einer Kultfigur stilisiert hatten.

Mahnung des Justizministers

Sie ließen aber nicht locker, obwohl Justizminister William Barr einen Auftritt Muellers am Kapitol zunächst zu verhindern trachtete und dessen Ministerium ihm dann die Auflage erteilte, sich strikt an den Untersuchungsbericht zu halten. Und so referierte Mueller öffentlich und vor Live-Kameras in seinen Antworten und wiederkehrenden Variationen denn auch die zentralen Punkte des Reports.

Mueller und sein Untersuchungsteam von „18 zornigen Demokraten“, wie Donald Trump zuvor ein ums andere Mal getwittert hatte, konstatierten in ihrem Resümee zwar keine Verschwörung des Trump-Teams mit Russland, stellten ihm jedoch auch keinen Persilschein aus. Auf die Frage, ob der Bericht als Freispruch zu verstehen sei, antwortete Mueller lakonisch: „Nein.“ Den Demokraten ging es darum, genau dies in Ton und Bild und nicht allein auf Schwarz und Weiß festzuhalten. In Videoclips, so das Kalkül, werden solche Passagen im Wahlkampf eine ungleich größere Wirkung entfalten.

Im Eingangsstatement postulierte Jerry Nadler, der demokratische Vorsitzende des Justizausschusses: „Kein Präsident steht über dem Gesetz.“ Es sollte insinuieren, dass Trump nach seiner Präsidentschaft womöglich ein Zivilprozess drohen könnte. Die Rechtsauffassung in Washington erschwert dies während der Präsidentschaft. Mueller wiederum klassifizierte in seiner Einleitung die Einmischung Russlands in die US-Wahl als eine der größten Bedrohungen für die amerikanische Demokratie im Laufe seiner Karriere. Auch dies wird als markiges Zitat sicherlich eine Rolle in der Anti-Trump-Kampagne spielen.
Die Demokraten versuchten, Robert Mueller aus der Reserve zu locken. Sie konfrontierten ihn mit Schilderungen, wie entsetzt und geradezu panisch der Präsident und das Weiße Haus auf die Nachricht der Einsetzung eines Sonderermittlers reagierten und wie Berater fürchteten, es könnte zu einem neuerlichen „Saturday Night Massacre“ kommen – zu einer Entlassung Muellers. Es ist eine Anspielung auf den Watergate-Skandal, als Richard Nixon 1973 in Rage erst seinen Justizminister und dann seinen Stellvertreter feuerte. Don McGahn, Trumps Rechtsexperte, sollte die Order seines Chefs ausführen, widersetzte sich jedoch und ersparte Trump so den Vorwurf der Behinderung der Justiz.

TV-fixierter Trump

Während die Republikaner sich darauf konzentrierten, Mueller als Entlastungszeugen zu porträtieren und ihn gegebenenfalls auch ins Zwielicht zu rücken, hielt der Präsident zunächst still. Die Anhörung sei Zeitverschwendung, und er werde sie allenfalls ein wenig im Fernsehen verfolgen, hatte er angekündigt. Nur die wenigsten wollten das angesichts seiner TV-Fixiertheit aber glauben. Sein Terminkalender war freigeschaufelt, und er hatte Zeit zuhauf – auch um in den Abend- und Nachtstunden das Bild zurechtzurücken, seine Version via Twitter hinauszujagen und Mueller und die Demokraten zu attackieren. Sein Mantra, oft in Großbuchstaben vorgebracht: „Keine Verschwörung, keine Behinderung.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.07.2019)

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