Deutschland erleichtert Einbürgerung für Kinder von NS-Opfern

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GERMANY-POLITICS-POLICEAPA/AFP/dpa/BRITTA PEDERSEN
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Für die Nachkommen von Menschen, die während des NS-Terrors aus Deutschland fliehen mussten, werden die Voraussetzungen für eine Staatsbürgerschaft „auf ein Minimum reduziert".

Die Nachkommen von NS-Verfolgten, die aus Deutschland fliehen mussten, können nun unter deutlich erleichterten Bedingungen die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten. Ermöglicht wird das durch zwei Erlasse, die am Freitag in Kraft treten.

Deutschland müsse "seiner historischen Verantwortung" gegenüber den Betroffenen gerecht werden, erklärte Innenminister Horst Seehofer am Donnerstag. Für sie sei nun eine "schnelle, unmittelbar geltende" Regelung gefunden worden.

Gültig für Generationen bis zum Geburtsjahr 2000

Von den Änderungen profitieren Kinder zwangsausgebürgerter Mütter und Väter, und zwar vor dem 1. April 1953 geborene eheliche Kinder deutscher Mütter und ausländischer Väter sowie vor dem 1. Juli 1993 geborene uneheliche Kinder deutscher Väter und ausländischer Mütter. Ferner kommen die Erlasse Kindern zugute, deren Eltern wegen der Verfolgung durch die Nazis eine andere Staatsangehörigkeit angenommen und die deutsche verloren haben - etwa emigrierte Frauen, die durch die Heirat mit einem ausländischen Mann ihren deutschen Pass verloren.

Darüber hinaus gelten die Erlasse für deren Abkömmlinge bis zu einem zum 1. Jänner 2000 gesetzten Generationenschnitt. Damit könnten alle zu diesem Kreis gehörenden Nachfahren - ob in der zweiten, dritten, vierten oder "vereinzelt sogar fünften Generation" - die deutsche Staatsangehörigkeit erwerben, erklärte das Innenministerium.

Einfache Sprachkenntnisse reichen

Die Voraussetzungen für eine Einbürgerung wurden demnach "auf ein Minimum reduziert". Erforderlich sind "einfache deutsche Sprachkenntnisse" sowie "Grundkenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in Deutschland". Die Unterhaltsfähigkeit muss nicht nachgewiesen werden.

Die Voraussetzungen werden in einem persönlichen Gespräch mit der zuständigen Auslandsvertretung festgestellt. Das Ministerium setzt eine "wohlwollende Handhabung" voraus. Die Antragsteller dürfen auch ihre andere Staatsangehörigkeit behalten. Letztlich entscheidet das Bundesverwaltungsamt (BVA) über die Einbürgerung.

Druck kam aus Großbritannien

Handlungsbedarf war vor allem entstanden, weil wegen des bevorstehenden Brexits in jüngster Zeit die Anträge auf Einbürgerung sprunghaft gestiegen waren. Dabei wurde deutlich, dass zahlreiche Begehren nicht von den bisherigen Regelungen zu sogenannten Wiedergutmachungseinbürgerungen erfasst waren. Laut britischem „Guardian“ handelt es sich dabei vor allem um die Nachkommen von Frauen, die aus Nazi-Deutschland geflohen waren und ihre Staatsbürgerschaft verloren, als sie nicht-deutsche Männer heirateten.

(APA/AFP)

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