Telefonat-Transkript

Trump bat Selenskij, Ermittlungen gegen Biden anzustoßen

Donald Trump bei der UN-Generalversammlung in New York.
Donald Trump bei der UN-Generalversammlung in New York.imago images/Pacific Press Agenc
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Das Weiße Haus veröffentlichte die Mitschrift der Präsidenten Trump und Selenskij. Es belastet Trump, der den ukrainischen Präsidenten bat, den Generalstaatsanwalt zu kontaktieren. „Das wäre großartig."

In den USA dreht sich derzeit alles um ein Telefonat zwischen US-Präsident Donald Trump und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskij im Juli. Darin soll Trump seinen Amtskollegen gedrängt haben, Ermittlungen einzuleiten, die seinem möglichen Rivalen bei der Präsidentschaftswahl 2020, dem Demokraten Joe Biden, schaden könnten. Ein Whistleblower hatte den Fall an die Öffentlichkeit gebracht, nun wurde auch das Transkript des Gesprächs veröffentlicht.

Der US-Präsident reagierte mit einer Serie wütender Tweets, die er aus seinem Trump Tower in New York absetzt. Doch seine außenpolitischen Botschaften dort sind plötzlich weggewischt von dem innenpolitischen Tumult rund 360 Kilometer entfernt in der Hauptstadt. Trump tönt auf Twitter, das Vorgehen der Demokraten sei nichts als "Schikanierung des Präsidenten", die "totale Hexenjagd".

Am Mittwoch hat das Weiße Haus eine Mitschrift des Telefonats veröffentlicht und diese lässt wenig Zweifel daran, dass Trump und Selenskij tatsächlich über das Unternehmen gesprochen haben, in dem Bidens Sohn maßgeblich mitarbeitete. Trump hat laut „New York Times“ Selenskij dazu gedrängt, Kontakt mit Generalstaatsanwalt William P. Barr aufzunehmen, um mögliche Korruptionsermittlungen in Verbindung mit Biden Junior aufzunehmen.

Auszug aus dem Telefon-Transkript.
Auszug aus dem Telefon-Transkript.(c) APA/AFP/ANDREW CABALLERO-REYNOLDS (ANDREW CABALLERO-REYNOLDS)

„Wäre großartig"

Während des Telefonats bat Trump Selenskij, sowohl Barr als auch seinen persönlichen Anwalt Rudolph Giuliani zu kontaktieren. „Es gibt eine Menge Gerüchte über Bidens Sohn, dass Biden die Ermittlungen gestoppt hat, und viele Menschen würden gerne mehr darüber erfahren“, sagte Trump demnach. „Also, was auch immer Sie mit dem Staatsanwalt machen können wäre großartig“, heißt es in dem Transkript. Trump hat außerdem der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel vorgeworfen, "nichts" für die Ukraine zu tun.

Der Machtkampf zwischen Trump und den US-Demokraten hatte am Dienstag eine neue Dimension erreicht. Die demokratische Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, kündigte an, formal erste Schritte für ein mögliches Amtsenthebungsverfahren gegen Trump einzuleiten. Sie warf ihm wegen des Ukraine-Telefonats Verfassungsbruch vor. "Der Präsident muss zur Rechenschaft gezogen werden", sagte sie. "Niemand steht über dem Gesetz."

Die Demokraten sehen in der Ukraine-Affäre einen möglichen Fall von Amtsmissbrauch und versuchter Beeinflussung der nächsten Präsidentschaftswahl. Sie kündigten daher formale Ermittlungen an, die in ein Amtsenthebungsverfahren gegen Trump münden könnten. Einen Zeitplan für das weitere Prozedere gibt es bisher nicht.

Die Vorwürfe gegen Trump und Biden

Donald Trump

Trump soll den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in einem Telefonat im Juli mehrfach aufgefordert haben, Ermittlungen einzuleiten, die seinem Rivalen Joe Biden schaden könnten - im Zusammenhang mit Geschäften von dessen Sohn Hunter in der Ukraine. Im Gegenzug soll Trump Selenskyj ein unangemessenes "Versprechen" gegeben haben, zu dessen Inhalt allerdings nichts bekannt ist. US-Medien zufolge hatte Trump kurz vor dem Telefonat angeordnet, bereits zugesagte Hilfen von rund 400 Millionen US-Dollar für die Ukraine zunächst zurückzuhalten. Die US-Demokraten sehen darin einen möglichen Fall von Amtsmissbrauch und versuchter Beeinflussung der Präsidentschaftswahl. Trump hat die Anschuldigungen zurückgewiesen und wiederum Biden und dessen Sohn als korrupt bezeichnet.

Hunter Biden

Konkret geht es bei den Vorwürfen um das Engagement von Hunter Biden bei dem in der Ukraine tätigen Erdgas-Unternehmen Burisma. Der heute 49 Jahre alte Jurist saß ab dem Frühjahr 2014 im Aufsichtsrat des wichtigen Gasförderers in der Ex-Sowjetrepublik - also unmittelbar nach dem gewaltsamen Machtwechsel in Kiew. Damals hatte der reiche Unternehmer Petro Poroschenko nach dem Sturz von Präsident Viktor Janukowitsch die Wahl gewonnen. Burisma gehört einem ukrainischen Oligarchen und hat seinen steuerlichen Sitz auf Zypern. Der Jurist Biden soll ein Gehalt von bis zu 50.000 Dollar pro Monat erhalten haben. Wenige Zeit später wurde gegen den Gaskonzern wegen angeblicher undurchsichtiger Geschäfte ermittelt. Der Fall wurde jedoch 2016 wieder geschlossen. Kurz darauf wurde auch der Generalstaatsanwalt der Ukraine von seinem Posten entfernt.

Joe Biden

Trump wirft Biden vor, die Ukraine in dessen Amtszeit als US-Vizepräsident unter Druck gesetzt zu haben, um Korruptionsermittlungen gegen seinen Sohn zu verhindern. Joe Biden weist die Vorwürfe zurück. Offiziell hieß es in Kiew damals, die Entlassung des Generalstaatsanwalts habe nichts mit dem Burisma-Fall zu tun gehabt - Belege für das Gegenteil gab es nie. Allerdings hatten auch andere westliche Regierungen die Ablösung des Generalstaatsanwalts gefordert. Der Vorwurf lautete, er sei selbst korrupt.

Mehrheit fraglich

Nach Untersuchungen und der Identifizierung von Anklagepunkten gegen Trump könnte ein sogenanntes Impeachment zwar mit der Mehrheit der Demokraten im Repräsentantenhaus angestrengt werden. Nötig wären dafür mindestens 218 Stimmen in der Kammer, in der die Demokraten eine Mehrheit von 235 der 435 Sitze haben. Nach Angaben des Senders CNN haben sich inzwischen rund 200 demokratische Abgeordnete dafür ausgesprochen, ein solches Verfahren voranzutreiben.

Die Entscheidung über eine tatsächliche Amtsenthebung läge aber im Senat, wo Trumps Republikaner die Mehrheit haben. Die Aussichten auf Erfolg eines solchen Verfahrens sind daher gering. Bisher wurde noch kein US-Präsident durch ein Impeachment-Verfahren des Amtes enthoben.

Trump und Biden dementieren

Trump wies die Ukraine-Anschuldigungen in den vergangenen Tagen mehrfach zurück. Er wirft wiederum Biden vor, als Vizepräsident die Ukraine unter Druck gesetzt zu haben, um Korruptionsermittlungen gegen seinen Sohn Hunter Biden, einen Geschäftsmann, zu verhindern. Dieser arbeitete zeitweise für eine ukrainische Firma.

Joe Biden hat Trumps Vorwürfe ebenfalls abgewiesen. Er sagte, ohne umfassende Kooperation des Weißen Hauses bei der Aufklärung der Affäre müsste der Kongress Trump des Amtes entheben. "Es wäre eine Tragödie", sagte er, "aber eine selbst verschuldete Tragödie."

>> Der Artikel in der „New York Times"

(APA/dpa/Red.)

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