Rücktritt des Autokraten. Nach 30 Jahren endete Freitagabend die Ära Mubarak. Der ägyptische Staatschef musste zurücktreten. Ein Militärrat soll den Übergang zur Demokratie organisieren.
[KAIRO] Es war die Botschaft, auf die hunderttausende Demonstranten seit zwei Wochen so sehnlich gewartet hatten: „Mohammed Hosni Mubarak ist als Präsident der Republik Ägypten zurückgetreten.
Mubarak ist Geschichte
Der Hohe Rat der Streitkräfte wird die Amtsgeschäfte übernehmen.“ Nach diesen Sätzen von Vizepräsident Omar Suleiman am Freitag um 18 Uhr Ortszeit brach in der Straßen und auf dem Tahrir-Platz im Herzen Kairos tosender Jubel aus.
„Ägypten ist frei, Ägypten ist frei!“, schrien die Menschen. Sie fielen einander um den Hals, schwenkten ägyptische Flaggen und kletterten auf die Panzer der Armee und umarmten die Soldaten. „Das Volk und die Armee sind eins“, skandierte die Menge.
„Schönster Tag meines Lebens“
Die Streitkräfte sind in der Bevölkerung hoch angesehen. Sie halten nun zumindest für eine Übergangsperiode die Macht in Händen. Chef des Militärrates, der nun regiert, ist der ägyptische Verteidigungsminister Mohamed Hussein Tantawi (75). Am Abend begrüßte Tantawi die Demonstranten vor dem Präsidentenpalast in Kairo.
Das Militär versprach, den Ausnahmezustand aufzuheben, sobald die Lage dies zulasse. Der Ausnahmezustand galt während der ganzen Herrschaft des 82-jährigen Mubarak und räumt den Sicherheitskräften weitreichende Befugnisse ein. Er wurde benutzt, um gegen Regimegegner vorzugehen. Zudem kündigte die Armee an, Parlament und Regierung aufzulösen. Beide Institutionen galten als Marionetten Mubaraks und waren bei den Demonstranten dementsprechend verhasst.
Die Armee müsse in der Zeit des Übergangs diese „Demokratie in den Kinderschuhen“ schützen, hatte auch der ägyptische Oppositionspolitiker Mohamed ElBaradei zuvor im „Presse“-Interview gefordert. Am Freitagabend, kurz nach dem Rücktritt Mubaraks, meldete sich ElBaradei beim der britischen BBC: „Das ist der schönste Tag in meinem Leben“, jubelte der Nobelpreisträger. Damit sprach der 68-Jährige Millionen Menschen aus dem Herzen, die Freitagabend feiernd durch Ägyptens Städte zogen. Über der Innenstadt Kairos stiegen Feuerwerksraketen auf.
Schon am Freitagmorgen hatten sich die Straßen der Hauptstadt mit Menschen gefüllt. Doch noch waren sie nicht glücklich, sie waren vielmehr wütend über Präsident Mubarak und seine teils wirre Fernsehrede vom Abend davor. In ihr hatte sich Mubarak noch uneinsichtig gezeigt. Zwar übertrug er einen Teil seiner Machtbefugnisse an Vizepräsident Omar Suleiman (74), wollte aber formell weiter Präsident bleiben.
Moralpredigt für Soldaten
Die Demonstranten auf dem Tahrir-Platz hatte das aber nur weiter angestachelt. Mit schriller Stimme knöpfte sich der Prediger beim Freitagsgebet die Soldaten auf den umstehenden Panzern vor. „Verhaltet euch so, dass ihr beim Jüngsten Gericht vor Allah bestehen könnt!“, rief er, dann fiel er vor Aufregung in Ohnmacht und ein Ersatz-Imam musste her.
Einige Soldaten hatten da ohnehin schon ihre Konsequenzen gezogen. Auf dem Tahrir-Platz legten am Vormittag die ersten drei Offiziere Waffen und Uniformen ab, kletterten von ihren Panzern und verschwanden im Meer der Demonstranten. Ein erstes Vorzeichen für das, was wenige Stunden später folgen sollte.
Am Freitagnachmittag überschlugen sich dann die Geschehnisse. Vom Präsidentenpalast stieg ein Hubschrauber auf. Er brachte Mubarak und seine Familie in den Badeort Sharm el-Sheikh, in dem einer der Paläste des Machthabers steht. Und wenig später trat Vizepräsident Suleiman vor die TV-Kameras und gab den Rücktritt des Langzeitherrschers bekannt.
„Das Volk hat das Regime gestürzt!“, riefen die jubelnden Massen in Ägypten – ein Ruf, der nun im ganzen Nahen Osten widerhallen wird.
Hunderttausende Menschen feierten am Freitag auf Kairos Tahrir-Platz den „Tag des Sieges“. Sie forderten eine neue Übergangsregierung und eine Untersuchung darüber, wer für die Todesopfer verantwortlich ist.
In Kairo wird eine Woche nach dem Sturz von Präsident Hosni Mubarak bei einer Massendemonstration gefeiert. "Wir wollen den Druck auf das Militär aufrechterhalten", sagt einer der Demonstranten.
Die ägyptische Armee hat eine Fan-Seite auf Facebook eingerichtet, um einen besseren Draht zur Jugend zu haben und die "Märtyrer der Revolution" zu würdigen.
Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.