Hat Europa Italien im Stich gelassen? "Ein ganz klares Ja!"

Der italienische Außenminister Angelino Alfano hofft auf mehr EU-Unterstützung für Italien.
Der italienische Außenminister Angelino Alfano hofft auf mehr EU-Unterstützung für Italien.APA/GEORG HOCHMUTH
  • Drucken

Der italienische Außenminister Alfano wirft der EU Versagen in der Flüchtlingspolitik vor. Er fordert ein stärkeres Engagement der UNO in Libyen.

Der italienische Außenminister Angelino Alfano hat den EU-Staaten Versagen im Umgang mit der Flüchtlingskrise auf dem Mittelmeer vorgeworfen. Auf die Frage, ob sich Italien von Europa im Stich gelassen fühle, entgegnete Alfano in einem Interview mit der "Bild"-Zeitung (Montag): "Ein ganz klares Ja!" Die Verteilung der Flüchtlinge auf die EU-Staaten "funktioniert überhaupt nicht", kritisierte er.

"Das bedeutet, dass die Flüchtlinge in Italien bleiben", sagte Alfano. Sein Land könne aber "diese Last nicht alleine verkraften". Alfano vermisst nach eigenen Worten eine gemeinsame europäische Migrationspolitik, die sich der ankommenden Bootsflüchtlinge annimmt.

Alfano rechnet mit 200.000 Flüchtlingen

Alfano rechnet nach eigenen Angaben bis Ende des Jahres mit mehr als 200.000 Menschen, die über die Mittelmeerroute nach Europa kommen. Dies sei ein Ausmaß, "das für uns sehr schwierig ist", sagte er. "Weitere hunderttausende Menschen warten in Libyen auf die gefährliche Überfahrt, die häufig tödlich endet."

Der italienische Minister forderte weitere Bemühungen zur Stabilisierung Libyens, von wo aus viele Bootsflüchtlinge Richtung Italien in See stechen: "Die Vereinten Nationen sollten sich intensiver dafür einsetzen, die Regierung in Tripolis zu unterstützen." Ziel sei es, "humanitäre Flüchtlingsunterkünfte" in Libyen zu schaffen.

"Dazu müssen wir erreichen, dass das Land endlich politisch geeint und damit wieder stabil wird", sagte Alfano. Auf die Frage, ob es am Ende auch eine UNO-Blauhelmmission in Libyen geben könne, sagte er: "Wir sollten den neuen Sondergesandten der UNO jetzt Vorschläge erarbeiten lassen."

(APA/AFP)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Bericht

EU-Kommission: Migrantenströme stark gesunken

Europas zwiespältige Abkommen mit der Türkei und den Machthabern in Libyen und Niger wirken. Binnen Jahresfrist kommen rund zwei Drittel weniger Migranten nach Italien und 97 Prozent weniger nach Griechenland.
Von der EU mitfinanziert, bringt Libyens Küstenwache Flüchtlingsboote auf. Die Festgenommen werden danach interniert.
Außenpolitik

Die exportierte Flüchtlingskrise

Am Mittwoch stellt die EU-Kommission ihren Migrationsbericht vor. Die Mitgliedstaaten feiern bereits den Rückgang der Einwanderung, doch über den humanitären Preis wird geschwiegen.
Diese Menschen kehren nach der Flucht vor den Islamisten von Boko Haram wieder auf die Insel im Tschadsee in Zentralafrika zurück.
Europa

Flüchtlinge: "Mittelmeerroute schließen wird nicht reichen"

Bei der Konferenz "African Youth and Migration" ist man sich einig: Man müsse legale Migrationswege nach Europa schaffen. Entwicklungshilfe müsste anders verteilt werden.
Europa

Italien dementiert Abkommen mit Schleppern

Rom verhandle nicht mit "Menschenhändlern", sagt die italienische Regierung - und dementiert damit entsprechende Medienberichte.
Das Schiff "Vos Hestia" der NGO "Save the children" im sizilischen Hafen von Augusta.
Weltjournal

"Save the Children" nimmt Einsatz im Mittelmeer wieder auf

"Sea Eye" evaluiert die Sicherheitslage und will kommende Wochen entscheiden, ob es im Mittelmeer wieder Einsätze geben soll. Für "Ärzte ohne Grenzen" zeigt sich die Situation unverändert.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.