Schnelle Hilfe bei Naturkatastrophen

Kampf gegen Waldbrände im nordspanischen Asturien im Oktober 2017.
Kampf gegen Waldbrände im nordspanischen Asturien im Oktober 2017.REUTERS
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Brüssel will mit RescEU den gemeinsamen Katastrophenschutz in Europa rascher und effizienter gestalten. Die Kommission veranschlagt dafür 280 Mio. Euro bis 2020.

Wien/Brüssel. Verheerende Waldbrände, Überschwemmungen, Erdbeben: Die Naturkatastrophen auf dem europäischen Kontinent werden häufiger, und sie fordern zahlreiche Menschenleben. Allein im Jahr 2017 verursachten sie mehr als 200Tote, über eine Million Hektar Wald wurde vernichtet. In Portugal wüteten im Sommer Brände mit den meisten Opfern seit Beginn der Aufzeichnungen. Die internationale Hilfe aber läuft oft erst nach Tagen richtig an.

Geht es nach der EU-Kommission, soll sich das nun ändern. Der für humanitäre Hilfe und Krisenmanagement zuständige Kommissar Christos Stylianides legte am gestrigen Donnerstag ein Dokument mit dem Namen RescEU vor, das eine Reserve von Löschflugzeugen, Ausrüstungen für Such- und Rettungsmaßnahmen, Feldlazaretten und medizinischen Notfallteams vorsieht.

„System stößt an Grenzen“

„Die Tragödien des vergangenen Sommers haben gezeigt, dass unser derzeitiges auf Freiwilligkeit beruhendes Katastrophenbewältigungssystem an seine Grenzen stößt“, so Stylianides. 280Millionen Euro aus dem EU-Topf sind in den kommenden drei Jahren für den Katastrophenschutz eingeplant, um die nationalen Kapazitäten zu ergänzen. Europaparlament und Mitgliedstaaten müssen dem Vorschlag aber auch noch zustimmen.

Neben den Ressourcen von RescEU will die Kommission einen Europäischen Katastrophenschutzpool aufbauen, indem sie die einzelnen Mitgliedstaaten bei Reparatur- und Betriebskosten eigener Kapazitäten unterstützt. Auch die Kosten für den Einsatz der Mittel – sie reichen von Flugzeugen über Trinkwasseraufbereitungsanlagen bis zu Löschteams – sollen kofinanziert werden. Bisher hatte die Union nur die Transportkosten übernommen; der operative Aufwand aber ist weit höher. So kostet die Verlegung eines Feldlazaretts nur einen Bruchteil dessen, was der Betrieb des Hospitals an Finanzierung erfordert: nämlich etwa sechs Millionen Euro pro Monat, wie die Kommission vorrechnet.

Einmal installiert, soll das Rettungssystem nach einem klar vorgegebenen Prinzip funktionieren: Sobald ein Land nach einer Naturkatastrophe internationale Hilfe anfordert, wird diese über ein in Brüssel stationiertes Koordinationszentrum an andere Mitgliedstaaten weitergegeben. Reichen die Kapazitäten des Katastrophenschutzpools nicht aus, kann die Kommission eigene Ressourcen von RescEU aktivieren.

Neben der Katastrophenabwehr soll auch der Prävention ein höherer Stellenwert beigemessen werden: Die Mitgliedstaaten sind angehalten, „nationale Strategien auszutauschen, um mögliche Lücken zu ermitteln und zu beseitigen“, so die Kommission.

Wirtschaftlicher Schaden

Naturkatastrophen verursachen neben menschlichen Tragödien freilich auch großen wirtschaftlichen Schaden – allein in Portugal wird dieser nach den Waldbränden zwischen Juni und September dieses Jahres auf 600 Millionen Euro geschätzt; in ganz Europa waren es 2016 gar knapp zehn Milliarden Euro.

Der Brüsseler Behörde geht es mit ihrer neuen Initiative nicht zuletzt auch darum, im wahrsten Sinn des Wortes Flagge zu zeigen: Das EU-Symbol soll bei allen Hilfseinsätzen gut sichtbar sein, verlautete gestern. Für Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker ist das neue Rettungssystem ein längst nötiger Schritt: „Europa ist ein Kontinent der Solidarität. Wir müssen uns besser vorbereiten und unseren Mitgliedstaaten schneller an vorderster Front zu Hilfe kommen.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.11.2017)

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