Österreich müsste auch in ein EU-Sparbudget mehr einzahlen

Bundeskanzler Sebastian Kurz und Finanzminister Hartwig Löger müssen laut Wifo mit höheren EU-Beiträgen rechnen.
Bundeskanzler Sebastian Kurz und Finanzminister Hartwig Löger müssen laut Wifo mit höheren EU-Beiträgen rechnen.APA/HANS PUNZ
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Wirtschaftsforscherin Schratzenstaller rechnet wegen des heimischen Wirtschaftswachstums so oder so mit höheren EU-Beiträgen Österreichs - auch wenn sich das "Sparbudget" durchsetzen sollte.

Mit anderen Nettozahlern macht sich Österreich dafür stark, dass der Umfang des EU-Budgets in der nächsten Finanzperiode nicht steigt. Doch auch dieses "Sparbudget" wird teuer für Österreich - nicht nur wegen des Brexits. Wie Wifo-Budgetexpertin Margit Schratzenstaller der Austria Presse Agentur vorrechnet, steigt das EU-Budget nämlich alleine durch das heimische Wirtschaftswachstum um 100 Milliarden Euro.

Österreich will das EU-Budget auf dem bisherigen Niveau von 0,98 bzw. 1,03 Prozent der EU-Wirtschaftskraft begrenzen. Für den Zeitraum 2014 bis 2020 sind 1.026 Milliarden Euro an Zahlungen und 1.087 Milliarden Euro an Verpflichtungen budgetiert. In der nächsten Finanzperiode wären dies 1.131 Mrd. Euro an Zahlungen und 1.187 Mrd. Euro an Verpflichtungen, also um 105 bzw. 100 Milliarden Euro mehr.

Der Anfang Mai von der EU-Kommission vorgelegte Budgetentwurf ist demgegenüber "nur" noch um 115 bzw. 98 Mrd. Euro teurer. Der von Österreich scharf bekämpfte Plan der Brüsseler Behörde sieht vor, dass die Europäische Union in der Periode 2021 bis 2027 Finanzmittel im Umfang von 1,08 bzw. 1,11 Prozent des Bruttonationaleinkommens bekommt, was in absoluten Zahlen 1.246 bzw. 1.279 Milliarden Euro entspricht.

Völlig offen ist, wie sich die konkreten Beiträge der Mitgliedsstaaten entwickeln werden. Europaminister Gernot Blümel (ÖVP) sprach Anfang Mai von einer Mehrbelastung um 500 Millionen Euro durch den Kommissionsentwurf. Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) hat am Wochenende eingeräumt, dass Österreich jedenfalls mehr zahlen werde, auch wenn es mit seiner Forderung nach einem Sparbudget durchkommen werde. Zu einem kolportierten Mehraufwand von einer Milliarde Euro jährlich mehr sagte er der Tageszeitung "Der Standard": "Ich sehe es nicht weit drunter."

EU-Steuern könnten Länderbeiträge reduzieren

Schratzenstaller will über die künftigen EU-Brutto- und Nettobeiträge nicht spekulieren. Deren Höhe hänge nämlich davon ab, wie hoch der Anteil der EU-Eigenmittel am Budget sein wird, welche Beiträge Großbritannien künftig leisten wird und ob es weiterhin Rabatte geben wird. Die EU-Kommission schlägt nämlich vor, dass der Anteil der Mitgliedsbeiträge von 84 Prozent auf 71 Prozent zurückgehen soll. Diskutiert wird etwa eine eigene "Plastiksteuer", die direkt der Union zugutekommen soll, oder auch eine Steuer für Internetriesen. Sollte der Anteil der Eigenmittel steigen, "würden sich die Bruttobeiträge in entsprechend geringerem Umfang erhöhen, ebenso die Nettobeiträge", erläutert Schratzenstaller.

Mit dem Brexit geht der EU der zweitgrößte Nettozahler verloren, doch könnten die Briten für ihre Teilnahme an EU-Programmen oder auch für die Inanspruchnahme von wirtschaftlichen Vorteilen weiter zur Kasse gebeten werden - ähnlich wie dies Norwegen oder die Schweiz tun. Bisher betrug der britische Nettobeitrag zwischen zwölf und 14 Milliarden Euro.

In den Sternen steht schließlich das EU-Rabattwesen. Großbritannien hatte in den 1980er-Jahren einen Rabatt auf seinen EU-Beitrag erhalten, weil es unterdurchschnittlich von der EU-Agrarpolitik profitierte. Die anderen Nettozahler wie Österreich erhielten später einen "Rabatt vom Rabatt", um Ungleichgewichte im Zuge der EU-Osterweiterung zu verhindern. Die EU-Kommission wünscht eine Streichung aller Rabatte. In diesem Fall könnte Österreichs Nettobeitrag um mehr als 100 Millionen Euro steigen.

Beiträge variieren von Jahr zu Jahr

Österreich kam, gemessen an seiner hohen Wirtschaftskraft, bisher im Vergleich mit anderen EU-Nettozahlern ganz gut davon. Im Jahr 2016 lag der österreichische Nettobeitrag bei 791,3 Millionen Euro oder 0,23 Prozent der Wirtschaftskraft. Deutschland, Frankreich, Schweden, die Niederlande, Belgien, Dänemark und Großbritannien hatten schlechtere Nettosalden. Den historisch höchsten Nettobeitrag verbuchte Österreich im Jahr 1997 mit 0,44 Prozent des BIP, den niedrigsten dank Zahlungen aus dem EU-Solidaritätsfonds im Hochwasserjahr 2002 mit 0,1 Prozent.

In absoluten Zahlen führte Österreich laut Finanzbericht im Jahr 2016 einen Beitrag von 2,76 Milliarden Euro nach Brüssel ab. Dem standen Rückflüsse in Höhe von 1,94 Milliarden Euro gegenüber. Der Löwenanteil dieser Rückflüsse entfiel auf den Bereich Landwirtschaft mit 1,36 Milliarden Euro, dahinter liegen EU-Programme zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit wie Forschung, Verkehrs- und Energieinfrastruktur mit 378,5 Millionen Euro und Kohäsionsmittel für strukturschwache Regionen mit 96,9 Millionen Euro.

(APA)

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