Europaparlament: ENF muss halbe Million zurückzahlen

Der Front National-Abgeordnete Nicolas Bay speiste bei einem Tête-à-tête um 401 Euro pro Person.
Der Front National-Abgeordnete Nicolas Bay speiste bei einem Tête-à-tête um 401 Euro pro Person.(c) APA/AFP/YANN COATSALIOU
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Rechtspopulistische Fraktion, in der auch die FPÖ vertreten ist, muss widerrechtlich verwendetes Steuergeld für Champagner und Geschenke erstatten.

Straßburg. Nun ist es amtlich: Die rechtspopulistische Parteifraktion „Europa der Nationen und der Freiheit“ im Europaparlament, zu deren Vizepräsidenten der FPÖ-Europaabgeordnete Harald Vilimsky zählt, muss mehr als eine halbe Million Euro an widerrechtlich ausgegebenen Steuergeldern zurückzahlen. Die Konferenz der Präsidenten der Fraktionen beschloss dies am Montag hinter verschlossenen Türen, berichtete die Nachrichtenagentur Agence France-Presse unter Berufung auf Sitzungsteilnehmer.

Konkret geht es um 477.780 Euro, welche die ENF-Abgeordneten im Jahr 2016 für Champagner, teures Essen in Restaurants, Geschenke und eine Weihnachtsfeier ausgaben, sowie um 66.427 Euro an ähnlichen und gleichfalls ungerechtfertigten Ausgaben im Haushaltsjahr darauf. Diese ausufernden Spesen wurden von den Abgeordneten des französischen Front National verursacht, welcher die Hälfte der ENF-Delegation von 35 Abgeordneten stellt. Deren Vorsitzender Nicolas Bay zum Beispiel speiste einmal bei einem Tête-à-tête um 401 Euro pro Person, ein anderes Mal machte die Rechnung im Pariser Nobelrestaurant „L'Ambroisie“ für ihn und drei weitere Gäste 1796 Euro aus, also 449 Euro pro Person aus. Das Weihnachtsessen für die 140 Mitglieder der ENF-Delegation (Kosten pro Gedeck: 96,84 Euro) fand sich ebenso auf der offiziellen Spesenabrechnung wie 110 Geschenkkisten à 100 Euro.

Parlament verweigert Reform

Abgesondert von diesem Fall, in dem es um die Verwendung der jährlich 3,3 Millionen Euro an Spesen für die ENF-Fraktion geht, sorgt eine weitere Entscheidung des Führungsgremiums der Fraktionen vom Montagabend für Diskussionsstoff. Sie lehnten nämlich eine Reform der allgemeinen Kostenvergütung ab, die derzeit 4416 Euro pro Monat beträgt und jedem der 751 Abgeordneten zusteht. Rund 40 Millionen Euro sind dafür jährlich im Unionsbudget vorgesehen, die Abgeordneten müssen jedoch weder Belege für ihre Ausgaben sammeln noch sie auf andere Art dokumentieren. Diese Pauschale ist für die Deckung von Büroausgaben vorgesehen, allerdings kommt es immer wieder vor, dass sich Abgeordnete damit die Kosten für (oft nur auf dem Papier bestehende) Büros in ihrer Heimat, die sie sich selber vermieten, erstatten und sich somit ein (steuerfreies) Zusatzeinkommen zu ihrem Bruttogehalt von monatlich 8611 Euro verschaffen.

Zumindest eine minimale Verbesserung ging durch: Die Pauschale soll nicht mehr auf dasselber Konto wie das Gehalt des Abgeordneten überwiesen werden, sondern auf ein separates. (GO)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.07.2018)

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