Digitalisierung als Stressfaktor

EU-RATSVORSITZ - INFORMELLER EU-RAT BESCHÄFTIGUNG UND SOZIALPOLITIK: THYSSEN / HARTINGER-KLEIN
EU-RATSVORSITZ - INFORMELLER EU-RAT BESCHÄFTIGUNG UND SOZIALPOLITIK: THYSSEN / HARTINGER-KLEINAPA/HANS PUNZ
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Veränderungen im Arbeitsleben durch den zunehmenden Einsatz computergesteuerter Prozesse sollen sozial abgefedert werden.

Wien. Die Auswirkungen der Digitalisierung und der Einsatz von Robotern auf dem Arbeitsmarkt sind schon heute in beinahe allen Branchen spürbar – ein Grund, warum sich die EU-Sozialminister bei ihrem informellen Treffen im Rahmen der österreichischen Ratspräsidentschaft am Donnerstag und Freitag in Wien intensiv mit den Auswirkungen auseinandersetzten. Beate Hartinger-Klein betonte, das Regierungsmotto „Ein Europa, das schützt“ müsse auch für die soziale Sicherheit im Zeitalter der Digitalisierung gelten.

Roboter könnten einerseits zu Partnern von Arbeitnehmern werden und Unterstützung für Menschen mit Behinderung bieten, so die FPÖ-Politikerin nach den Gesprächen der Minister. Andererseits könne die zunehmende Digitalisierung auch zu Isolation und Stress führen. Deshalb müsse sie aktiv gestaltet werden, damit die Vorteile am Ende allen zugutekommen. Ein wichtiges Stichwort in diesem Zusammenhang: das lebenslange Lernen. Auch für Sozialkommissarin Marianne Thyssen hat das Thema Digitalisierung Priorität. „Auch wenn Migration und Brexit die Titelblätter dieser Tage bestimmen“, so die Belgierin, sei die digitale Revolution ein „Game Changer“ für die Arbeitswelt. Für Arbeitnehmer gebe es Herausforderungen und Chancen gleichermaßen – einige Jobs würden für immer verschwinden, neue dafür geschaffen werden. Derzeit, betonte die Kommissarin, sei der Saldo positiv: Durch die Digitalisierung wurden bisher mehr Jobs geschaffen als gestrichen. Dennoch gebe es viele Arbeitssuchende und gleichzeitig unbesetzte Arbeitsplätze, weil Qualifikation und Anforderung der Arbeitgeber häufig nicht mehr zusammenpassten.

Die Gespräche sollten eine Vorarbeit für den formellen Rat der Sozialminister im Herbst sein; danach sollen die Ergebnisse in einem Weißbuch zusammengefasst werden, das der neuen Kommission – diese nimmt im Herbst 2019 ihre Arbeit auf – vorgelegt wird. Ab der nächsten mehrjährigen EU-Finanzperiode, fordert die Ministerin, müsse mehr Geld für Soziales fließen. „Die derzeitigen Ausgaben von nur 0,3 Prozent des Budgets sind einfach zu wenig.“

Kritik von ÖGB, Grünen, SPÖ

Seitens der Gewerkschaft, der SPÖ und den Grünen hagelte es schon im Vorfeld des Treffens Kritik: Zwar sei das Thema Digitalisierung gut gewählt, so ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian. Der Gewerkschaftsbund aber sei in die Vorarbeiten nicht eingebunden gewesen. „Die österreichische Regierung ignoriert unsere Expertise offensichtlich.“ Die grüne Europa-Abgeordnete Monika Vana hingegen warnte Hartinger-Klein davor, den „antieuropäischen Kurs der schwarz-blauen Bundesregierung in die EU zu exportieren“. (aga)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.07.2018)

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