London rechne auch mit einem Scheitern der Brexit-Verhandlungen, sagt Jeremy Hunt bei seinem Besuch in Wien. Die EU werde in Sachen Brexit geschlossen auftreten, sagt seine österreiche Amtskollegin Kneissl.
Der britische Außenminister Jeremy Hunt warnte nach einem Treffen mit Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ) in Wien Mittwochvormittag vor einem Brexit ohne Abkommen. "Wir bereiten uns auf einen No-deal vor, es gibt ein wirkliches Risiko einer Scheidung in Unfrieden." Auch Kneissl sagte, man sei auf alle Szenarien vorbereitet. Denn die Zeit, um die Verhandlungen abzuschließen, ist eng: Am 29. März 2019 wird das Vereinigte Königreich die Europäische Union verlassen.
"Lassen Sie uns das nicht zu einem Moment in der europäischen Geschichte machen, in dem ein schrecklicher Fehler gemacht wird, über den wir in 20, 30 Jahren noch sprechen", sagte Hunt. Vielmehr solle eine pragmatische Lösung gefunden werden, die die Freundschaft zwischen dem Königreich und Europa fortsetze.
Zugleich positionierte sich Hunt entschieden gegen eine Verlängerung der Brexit-Verhandlungen. "Es ist äußerst unwahrscheinlich, dass das vom britischen Parlament und den Leuten akzeptiert wird". Großbritannien sei wie Österreich stolz auf seine Demokratie und die Entscheidungen, die getroffen werden. "Ich glaube, dass die Menschen über jegliches Hinausschieben des Austrittsdatums besorgt sein würden." Die Entscheidung sei vom britischen Volk getroffen worden und es "ist eine Realität, dass wir (die EU) verlassen".
Pharmakonzern Sanofi bereitet sich auf harten Brexit vor
Kneissl betonte hingegen einmal mehr die Einheit der verbleibenden EU-Mitgliedsstaaten. Die "Einheit der restlichen 27 sei gewahrt", sagte sie. Die Außenministerin schloss auch aus, dass die EU-Staaten bei den Verhandlungen die Kommission umgehen könnten. Die Leitlinien sagten "ganz klar, dass die Kommission verhandelt". Die Außenministerin konzedierte, dass die EU in einigen Bereichen durchaus gespalten sei, "an vorderster Linie bei der Migration". Doch beim Brexit sei dies nicht der Fall.
Acht Monate vor dem EU-Austritt Großbritanniens sind die Briten tief gespalten, wie der Brexit vollzogen werden soll. Beim Referendum 2016 hatten 51,9 Prozent der Wähler für den Austritt gestimmt. Einer jüngsten Umfrage zufolge sind die Hälfte der Briten für eine erneute Volksabstimmung. May lehnt ein weiteres Votum jedoch ab. Die bisherigen Vorschläge der Regierung in London für einen Austrittsvertrag stoßen bei der EU-Kommission auf Widerspruch. Daher bereiten sich beide Seiten auf einen ungeregelten Austritt Großbritanniens vor.
Auch Unternehmen wappnen sich bereits: So etwas das französische Pharmaunternehmen Sanofi. Es bereite sich auf einen möglichen Engpass bei Medikamenten vor, falls sich Großbritannien und die Europäische Union (EU) nicht auf eine Übergangsperiode beim Brexit einigen können, berichtet das "Wall Street Journal". Die Vorräte seien für alle Therapiebereiche auf einen Bedarf von 14 Wochen aufgestockt worden.
Auch die Vorräte an Impfstoffen, die Sanofi produziere, seien wo möglich ausgebaut worden. Das Problem besteht dem Bericht zufolge darin, dass bei einem harten Brexit die notwendigen Geschäftsbeziehungen mit den britischen Sanofi-Töchtern eingeschränkt würden. Die Vorbereitungen bei Sanofi auf den Brexit liefen bereits seit einem Jahr.
(APA)