Die medizinische Versorgung in Griechenland war am Vorabend der Schuldenkrise zu teuer. Die Sparmaßnahmen waren notwendig, aber drakonisch.
Wien/Athen. Dass die Sanierung Griechenlands nach dem Ausbruch der europäischen Schuldenkrise 2010 drastische Konsequenzen für die Bevölkerung des Landes hatte, ist unumstritten – am Höhepunkt der Depression lebten knapp 40 Prozent der Griechen an bzw. unter der Armutsgrenze, während jeder zweite junge Erwachsene ohne Arbeit war. Zu den Auswirkungen der Austerität auf das Sozialnetz des überschuldeten Eurozonenmitglieds lagen bis dato keine bzw. nicht ausreichend umfassende Untersuchungen vor.
Was das griechische Gesundheitssystem anbelangt, ist das Bild zu Wochenbeginn vollständiger geworden: Pünktlich zum Ende des internationalen Hilfsprogramms für Griechenland veröffentlichte der Ökonom Roberto Perotti beim National Bureau of Economic Research eine detaillierte Untersuchung der Folgen des drastischen Sparkurses auf das Gesundheitswesen und die Gesundheit der Griechen (NBER Working Paper 24909, „The Human Side of Austerity: Health Spending and Outcomes During the Greek Crisis“). Und die Ergebnisse der Studie fördern einige interessante Erkenntnisse zutage – sowohl für die Befürworter als auch für die Gegner der Austeritätspolitik.
Die überraschende Erkenntnis aus der Studie: Die krisenbedingten Einschnitte ins Sozialbudget waren zwar tief, doch die Kürzungen starteten von einem überdurchschnittlich hohen Niveau: So lagen die Ausgaben für das Gesundheitssystem in Griechenland am Vorabend der Eurokrise teils weit über dem EU-Durchschnitt – was sich beispielsweise in den Ausgaben für Medikamente und der hohen Zahl der Spitalsärzte manifestierte (siehe Grafik). Die Einschnitte näherten die griechischen Gesundheitsausgaben, die im Vorfeld der Schuldenkrise deutlich gestiegen waren, wieder an die europäischen Durchschnittswerte an.