Botschafterin Stix-Hackl verstorben

Botschafterin Stix-Hackl verstorben
Botschafterin Stix-Hackl verstorbenMichaela Bruckberger
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Österreichs Vertreterin bei der UNO spielte als Rechtsexpertin eine wichtige Rolle beim EU-Beitritt. Das Richteramt am EuGH blieb ihr zweimal verwehrt.

Wer im Haus der Europäischen Geschichte, vor einem Jahr im Park neben dem Europaparlament in Brüssel eröffnet, die Stufen bis hinauf ins vorletzten Stockwerk erklimmt, bekommt ein Ausstellungsstück zu sehen, welches das Wesen der Einigung Europas trefflich verkörpert: ein kompletter Acquis Communautaire, der gesamte Rechtsbestand, welchem sich jedes neue Mitglied der Union zu unterwerfen hat, mehrere Meter geduldigen Papiers dick.

Wie meistert man diesen enormen Rechtsbestand? Was sind die wesentlichen Züge? Welche Deutungen lässt dieser Corpus an Normen zu? Christine Stix-Hackl hatte es sich zu Lebensaufgabe gemacht, dieses byzantinisch anmutende Regelwerk zu verstehen, anzuwenden und zu erklären: als Diplomatin, als Verfahrensteilnehmerin am Gerichtshof der EU, als Rechtsgelehrte an der Wirtschaftsuniversität Wien sowie den Universitäten St. Gallen und Saarbrücken.

Rasch erklomm sie die Laufbahn im Außenministerium; 1992, mit nur 35 Jahren, wurde sie Leiterin der Europarechtsabteilung. Ein glücklicher Zeitpunkt: die Republik stand vor dem Beitritt zur Europäischen Union, Stix-Hackl spielte bei den Verhandlungen folglich eine Schlüsselrolle. Dann die Übersiedlung nach Brüssel, an die Ständige Vertretung Österreichs; Stix-Hackl leitete während des ersten österreichischen EU-Ratsvorsitzes eine Ratsarbeitsgruppe, vertrat die Republik zudem als Chefin der Delegation bei Vertragsverletzungsverfahren vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg.

2000, auf Vorschlag der ersten schwarzblauen Bundesregierung, ging sie nach Luxemburg, wurde zur Generalanwältin am EuGH gewählt, als erst zweite Frau in der Geschichte des Gerichtshofes - übrigens mit den Stimmen der Grünen und der SPÖ im Nationalrat. Sie machte sich dort einen guten Namen, war bei der Kollegenschaft angesehen. Das von ihr begehrte Amt der Richterin am EuGH sollte ihr jedoch sechs Jahre später verwehrt bleiben: die Regierung Schüssel II bestätigte Peter Jann als Österreichs EuGH-Richter und begründete dies damit, dass im Zuge der Erweiterung der Union ohnehin schon so viele neue Richter in Luxemburg Einzug hielten.

Die Opposition war erbost: Sie wolle die Qualifikation Janns nicht in Zweifel ziehen, zitierte die Parlamentskorrespondenz die damalige grüne Abgeordnete Terezija Stoisits. Sie frage sich aber, warum das Mandat eines 71-jährigen Richters verlängert werde, eine gleich qualifizierte junge Frau, deren Mandat ebenfalls auslaufe, jedoch keine Chance bekomme.

Stix-Hackl ging dann doch nach Luxemburg, als österreichische Botschafterin beim Großherzogtum. 2012 kehrte sie nach Wien zurück, auf jenen Posten als Botschafterin bei den Vereinten Nationen, den sie bis zu ihrem Ableben am 24. Oktober innehatte.

Einmal noch sollte ihr Name durch die Medien gehen: als im heurigen Juni Katharina Pabel, Dekanin der Linzer Jusfakultät, ihre Kandidatur für die Nachfolge von Maria Berger am EuGH überraschend zurückzog, wurde Stix-Hackl als mögliche Ersatzkandidatin genannt. Pabel soll bei ihrer Anhörung vor dem Fachgremium der Richter keine überzeugende Figur gemacht haben, verlautete es aus Luxemburger und Brüsseler EU-Kreisen.

Stix-Hackl nutzte alle möglichen Kontakte, um sich für die Stelle in Luxemburg ins Spiel zu bringen. Damit löste sie nicht überall Begeisterung aus. Jüngst ging gar das Gerücht um, sie wäre jetzt eigens der FPÖ beigetreten, um bessere Karten im Poker um die begehrte Stelle zu haben. Wahr ist vielmehr, dass sie zeitlebens parteilos blieb (vom früheren FPÖ-Politiker Rüdiger Stix hat sie sich vor mehr als 20 Jahren scheiden lassen).

Am 8. Oktober war Stix-Hackl ein letztes Mal in Luxemburg. Sie war unter den geladenen Gästen jener feierlichen Zeremonie am EuGH, in der ein halbes Dutzend neuer Mitglieder angelobt worden sind. (Österreich hat es als einziges EU-Land nicht geschafft, eine frei gewordene Stelle zeitgerecht nachzubesetzen - die bisherige Richterin Maria Berger bleibt daher bis auf Weiteres im Amt). "Es war eine schöne Zeremonie", berichtete die Vollblutjuristin danach.

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