Finnland zu EU-Vorsitz statt Rumänien bereit

Ministerpräsidentin Viorica Dancila
Ministerpräsidentin Viorica DancilaREUTERS
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Bukarest dementiert Probleme und überlegt sogar, gegen die negative Bewertung seiner Rechtsstaatlichkeit durch die EU-Kommission eine EuGH-Klage einzureichen.

Helsinki/Bukarest. Angesichts der wachsenden Besorgnis über die Fähigkeit der rumänischen Regierung, den EU-Ratsvorsitz ab Jänner reibungslos durchzuziehen, hat Finnland den Behörden in Bukarest ein Tauschangebot unterbreitet: Sein Land könne die EU-Präsidentschaft zum 1. Jänner übernehmen, sagte der finnische Regierungschef Juha Sipilä. Rumänien erhalte dadurch mehr Vorbereitungszeit für einen Ratsvorsitz ab Juli 2019, so Sipilä weiter. Rumäniens Auswärtiges Amt lehnte das finnische Angebot allerdings ab: Man sei „bestens vorbereitet“ für den anstehenden EU-Ratsvorsitz, ließ das Außenministerium in einer Aussendung wissen.

Das Chaos war durch den Rücktritt von Europaminister Victor Negrescu ausgelöst worden. Präsident Klaus Werner Johannis vereidigte am Dienstagabend den von der sozialistischen Regierung nominierten Nachfolger, George Ciamba. Bei der Vereidigung wies Johannis, der den Christdemokraten angehört, darauf hin, dass es „noch nicht zu spät“ sei für die Planung „eines vertretbaren rumänischen EU-Ratsvorsitzes“.

Ihrerseits verbat sich Regierungschefin Viorica Dancila von der PSD jegliche weitere Kritik des Staatsoberhauptes am Stand der Vorbereitungen ihres Kabinetts für die anstehende EU-Ratspräsidentschaft: Was Staatschef Klaus Johannis anstrebe, sei „Anarchie“, mit seiner Kritik schade er bloß dem Land, kritisierte Dancila.

„Einmischung“ aus Brüssel

Das desolate Zeugnis, das auch die EU-Kommission und das Europaparlament den rumänischen Behörden am Dienstag ausgestellt haben, will die Regierung so nicht gelten lassen. Rechtsstaatliche Probleme sieht sie keine. Dancila nannte den Prüfbericht aus Brüssel eine „Einmischung in die inneren Angelegenheiten“. Der Bericht habe sie „zutiefst enttäuscht und empört“, weil er den Standpunkt der rumänischen Behörden „überhaupt nicht berücksichtigt“. Sie werde nicht länger akzeptieren, dass Rumänien stets nur gescholten wird, sagte die telefonisch zugeschaltete Ministerpräsidentin am späten Dienstagabend einem regierungsnahen Fernsehsender. Sogar eine Klage gegen die EU-Kommission beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) wird laut Regierungskreisen erwogen.

Der Bericht der EU-Kommission hatte insgesamt acht neue Vorgaben enthalten, darunter auch die sofortige Einstellung des Abberufungsverfahrens gegen den amtierenden Generalstaatsanwalt. Brüssel sieht darin nämlich einen Versuch der Regierung, den Kampf gegen Korruption einzuschränken.

Staatspräsident Johannis hob indes in einer ersten Reaktion hervor, dass „diese Regierung sich leider weder für Europa noch für ihre eigenen Bürger interessiert“. Ihr Ziel sei es einzig, den vorbestraften PSD-Chef Liviu Dragnea „vor der Haft sowie weiteren strafrechtlichen Ermittlungen zu bewahren“. Der Chef der oppositionellen Liberalen, Ludovic Orban, sprach seinerseits von „einem Clan politischer Halunken, der einen ganzen Staat gefangen hält“. Die restlichen Oppositionsfraktionen kündigten an, gemeinsam mit den Liberalen schon demnächst einen Misstrauensantrag gegen die Regierung Dancila einzubringen. (ag.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.11.2018)

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